Vom Aufstehen und Stutz, der besten Dokumentation des Jahres

Image Source: Netflix

„Stutz“, eine Netflix-Dokumentation von Schauspieler Jonah Hill über seinen Psychiater, Dr. Phil Stutz, ist der beste Content, den ich in diesem Jahr konsumiert habe. Hier sind die Gründe, warum ich denke, dass jeder ihn sehen sollte und warum ich glaube, dass er das Potenzial hat, unser Leben zu verändern.

Als Erstes möchte ich einen Disclaimer anbringen: Dieser Post ist das erste Mal, dass ich einen etwas rezensiere. Normalerweise geht es hier ja um meine Reisen, Abenteuer und Erfahrungen. In Zukunft werdet ihr solche Dinge hoffentlich öfter lesen. Wie immer bin ich sehr dankbar für jede Art von Feedback. Wenn ihr das hier lest, wisst ihr wahrscheinlich sowieso, wie ihr mit mir in Kontakt treten könnt. Als dann, auf geht’s

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Vom Masken ablegen, Wahnsinn und heißen Diskussionen

Der Sommer ist gefühlt vorbei, Kinder und Jugendliche gehen wieder zur Schule. Bester Zeitpunkt, um einen Blick zurück auf eines der Highlights meines Sommers zu werfen: das Pfadilager!

Ein neuer Zyklus beginnt. Das Schuljahr hat wieder begonnen. Damit beginnt traditionellerweise auch ein neues Jahr für Pfadfinder:innen. Längste Zeit, noch ein paar Absätze zum großen Highlight eines jeden Pfadijahres zu schreiben: dem Sommerlager. Falls jemand unter euch ist, der noch überhaupt gar keine Berührungspunkte mit den Pfadis hatte (Her mit den faulen Tomaten, an den Pranger mit ihnen!), gibt euch vielleicht folgendes Video einen kleinen Einblick.

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Von warmen Herzen, freiem Willen und Beeinträchtigungen

Oder: Wie man die Welt ein wenig besser hinterlassen, als man sie vorgefunden hat.

„Versuche, die Welt ein wenig besser zu hinterlassen, als du sie vorgefunden hast. Und wenn du am Zuge bist, zu sterben, kannst du fröhlich sterben. Mit einem Gefühl, dass du deine Zeit niemals verschwendet, sondern immer dein Bestes gegeben hast.“

Dieses Zitat geht auf Sir Robert Baden-Powell zurück. Einen britischen Armee-Offizier und den Gründer der weltweiten Pfadfinder:innen-Bewegung. Und wenn ihr mich fragt, ist dieses Zitat in seiner Banalität absolut genial!

Wie meine treue Leserschaft vielleicht weiß, habe ich mit 7 Jahren selbst mit der Pfadfinderei begonnen. Oder eigentlich bin ich von meinen Eltern begonnen worden. Wie man sich vielleicht vorstellen kann, war ich aus diesem Grund oft genug Ziel von Spott und Hohn: „Hast du heute schon einer alten Dame über die Straße geholfen? Verkaufst du demnächst wieder Kekse von Tür zu Tür?“ Ihr wisst schon. Kinder können Arschlöcher sein. Mittlerweile bin ich allerdings davon überzeugt, dass diese Entscheidung vor knapp 23 Jahren, die beste Entscheidung meiner Eltern ever war. Shoutout an euch, Irmi und Klemens, ich werd euch ewig dankbar sein!

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Wie es sich anfühlt, 30 zu sein. Oder: Von Bären und Schmetterlingen

30. The big Three-O. Drei Jahrzehnte. Ein Runder, wie der Volksmund sagen würde. „Wie fühlt es sich an, 30 zu sein?“, bin ich in der letzten Woche und auch im Vorfeld schon gefragt worden. Eine Frage und ein Anlass, der mir gewichtig genug erschien, diesen schlummernden Bären eines Blogs aus dem jahrelangen Winterschlaf zu holen. Was Bären mit Schmetterlingen gemeinsam haben, wird am Ende dieses Texts vielleicht klarer sein. Oder – wer mich kennt, ahnt es schon – halt auch nicht.

Auf die Frage, wie sich 30 sein anfühlt, meldet sich sofort mein innerer Günter Neukirchner: „Die nächste deppate Frog!“ (Bitte nicht böse sein, falls du zu jenen gehörst, die mich das in letzter Zeit gefragt haben. Hab dich trotzdem lieb!) Aber was antwortet man als 30-jähriger, männlich gelesener, beseelter Fleischhaufen auf diese Frage? Es fängt ja schon einmal damit an, dass mir die längste Zeit meines bisherigen Daseins sowieso nicht bewusst war, was ich gerade fühle.

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Remember to breathe!

The adventures, travels and insights of Jakob, your friendly neighborhood bear.

Die meisten Menschen, die ich kenne, folgen einem bestimmten Motto in ihrem Leben. Manche Menschen, die sich ihrer spirituellen Seite ein wenig mehr hingeben, nennen so etwas manchmal auch Mantra. Mehrere dieser Mottos und Mantras zusammen ergeben oft eine Ideologie oder eine Philosophie und wenn man noch eine Prise übernatürlicher Macht hinzufügt, erhält man eine Religion. Die genauen Definitionen dieser Begriffe sind für mich aber weniger interessant, als die Essenz in ihnen, die sie eint: Es geht darum, an etwas Bestimmtes bis zu einem bestimmten Grad zu glauben um das Leben ein wenig zu erleichtern. 

“No risk, no fun!”, “No pain, no gain!”,”Jedem das seine!”, “Carpe Diem!”, “Hakuna Matata!”, “Don`t worry, be happy!”, “YOLO!”, oder eines meiner Lieblingsmottos “Just the bare necessities!”, also einfach das Notwendigste. Es gibt unzählige Motivations- und Lebenskünstler, Autoren, selbst ernannte Gurus, spirituelle Führer oder einflussreiche Personen da draußen, die ihre verschiedenen Mottos und Ideologien verbreiten und predigen. Einige von ihnen helfen ihren Mitmenschen dadurch tatsächlich dabei, durch die Implementierung diverser Leitgedanken in ihr eigenes Leben, dieses dadurch besser auf die Reihe zu bekommen. 

Nobody’s perfect, aber besser als vorher

Versteht mich bitte nicht falsch. Weder behaupte ich eine derartige einflussreiche Person zu sein, noch bin ich selbst überdurchschnittlich begabt darin, meinen eigenen Leitsätzen penibel genau zu folgen. Schließlich gilt “Nobody’s perfect” und selbstverständlich passiert es mir Tag für Tag mich nicht an die “Bare necessities” zu halten und ich stopfe mich stattdessen mit Schokolade voll oder prokrastiniere stundenlang auf diversen sozialen Medien. Manchmal vergesse ich auch, dass “Wie man in den Wald ruft, es auch so zurückschallt” und behandle Menschen, die ich normalerweise lieben sollte, wie Dreck. Vereinzelt schaffe ich es nicht, “die Welt besser zu verlassen als ich sie vorgefunden habe” und hinterlasse Chaos dort, wo ich gerade bin.

Selbst wenn es mir nicht gelingt, diese Leitgedanken perfekt umzusetzen, bin ich immer noch eine bessere Version jenes Jakobs der keine dieser Maximen auch nur irgendwie versucht umzusetzen. Viel eher bemühe ich mich darum, jeden Tag eine bessere Version von mir selbst zu sein als am Tag davor und wenn ich das einmal nicht schaffe, ist auch das vollkommen in Ordnung. Wenigstens habe ich es versucht. 

Dinge ändern sich

Natürlich verändern sich solche Mottos und Mantras auch im Laufe der Zeit. Was vor zehn Jahren noch bedeutsam erschien, spielt in meiner heutigen Realität keine Rolle mehr. Die Welt verändert sich und wir genauso. Jeden verdammten Tag. Und das ist ebenso mehr als in Ordnung, ja vielleicht sogar notwendig. Leitsätze kommen mit den Jahren und gehen auch wieder.

“Bare necessities” erscheint mir heute relevanter als “Probier’s mal mit Gemütlichkeit” (falls irgendjemand weiß, warum ausgerechnet diese Übersetzung gewählt wurde, ab in die comments oder PM oder so). Sogar mein spiritueller Glaube, der mir schon in jungen Jahren in Form von ”der liebe Gott hat es so gewollt”, ganz polemisch gesagt ‚indoktriniert‘ wurde, wurde von philosophischeren Fragen wie “Warum sind wir hier und welche Rolle spiele ich dabei?” abgelöst. Ihr versteht, was ich meine. Dinge ändern sich. 

Atmen und Meditation

Der letzte Zugang in meinem persönlichen Mantren-Kabinett ist die einfache Phrase „Remember to breathe!”. In ihrer Simplizität so genial, mächtig und potenziell lebensverändernd. Genau darum möchte ich diesen Blogpost diesem neuen Motto widmen. Wie ich darauf kam, wie mir die letzten Monate dabei geholfen haben, diesen einfachen Satz und seine Genialität besser zu verstehen und warum ich denke, dass er gerade in Zeiten wie diesen eine sehr hohe Bedeutsamkeit hat. 

Wie einige von euch vielleicht wissen, habe ich vor nicht allzu langer Zeit mit der regelmäßigen Meditation begonnen. Gegen Ende des letzten Jahres noch recht spärlich, habe ich das Kalenderjahr 2020 mit der sogenannten “21 days of Abundance” Meditations-‚Challenge‘ von Deepak Chopra begonnen (shoutout an meinen boy Jürliv aka DJesus dafür). Ich habe es in Folge wirklich geschafft eine Gewohnheit daraus zu machen und habe seitdem beinahe täglich zumindest 15 Minuten gefunden, um der geistigen und körperlichen Ruhe zu widmen. Denn das, soweit ich es bis jetzt verstanden habe, ist Meditation ganz kurz und knapp zusammengefasst.

Ein Affe beim Meditieren im Monkey Forest, Ubud

Bewusstsein, Achtsamkeit und Gedanken

Erfahrene Meditierende würden vermutlich noch eine Vielzahl an anderen Aspekten hinzufügen. Für einen Anfänger wie mich bedeutet es im Grunde, einen beträchtlichen Teil seiner Zeit damit zu verbringen, achtsam zu sein. Mitzudenken, sich bewusst sein, wo man minütlich mit seinen Gedanken hinwandert um dann aktiv zu verhindern, sich nicht von seinen eigenen Gedanken leiten zu lassen und vor allem auf seine Atmung zu achten. All das hört sich relativ einfach an, aber ich durfte schon oft selbst erfahren, dass diese Angewohnheiten deutlich schwerer umzusetzen sind, als sie sich anhören. Sich seiner eigenen Gedanken bewusst sein und sich wirklich auf ebendiese zu fokussieren ohne sich von ihnen leiten zu lassen und abzudriften ist etwas, dass ich bis jetzt unglaublich herausfordernd gefunden habe.

Wenn manche von euch vielleicht selbst regelmäßig meditieren, wisst ihr höchstwahrscheinlich, wovon ich spreche (wenn wer Tipps oder Tricks hat, immer her damit). ‘Richtig’ zu meditieren (falls es das in diesem Zusammenhang überhaupt gibt), benötigt sehr viel Übung, sehr viel Geduld und einen Haufen Disziplin. Mir persönlich hat die Meditation bisher dabei geholfen, mich in jeglichen Momenten einfach wohler zu fühlen.

Ich schweife mit meinen Gedanken seltener ab und mir geht es eigentlich in den meisten Situationen subjektiv recht gut, selbst wenn diese objektiv vielleicht unangenehm erscheinen mögen. Ich bin mir selbst eher im Klaren darüber, was wirklich wichtig im Leben ist und was mir die Gesellschaft, unsere Kultur und ihre immanenten Ideologien nur vorgeben, wichtig zu sein. Und wenn ich manchmal den Überblick verliere und mich gedanklich verlaufe: Just remember to breathe! 

Abenteuer? Lieben wir doch.

Manche von euch werden bestimmt auch mitbekommen haben, dass ich gerade von meinem neuesten Abenteuer in Indonesien zurückgekommen bin. Auch auf die Gefahr hin, dass manche vielleicht gerade das sprichwörtliche Salz in der Wunde spüren, möchte ich gerne ein paar Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem bereits zitierten Motto erzählen. Bereits im Dezember – als Covid-19 noch in den Laboren… ääääh ich meine den Wetmarkets Chinas schlummerte – haben Franzi und ich beschlossen anlässlich ihres erfolgreichen Studienabschlusses zu verreisen (und zugegebenermaßen weil: Abenteuer lieben wir doch).

Der Plan war es von Bali aus bis zum Nationalpark Komodo – seines Zeichens Heimat der letzten Drachen auf unserem Planeten – und der wunderschönen Insel Flores – ihres Zeichens ehemals Heimat von real-life Hobbits a.k.a. Homo Florensis – zu reisen. Es hätte ein großartiger, abenteuerlicher Backpack-Trip werden sollen. Inklusive Wandern, Schnorcheln und womöglich Tauchen – Letzteres etwas, dass wir beide noch nie zuvor gemacht hatten und das ein wenig Nervosität in uns auslöste (naja, zumindest in mir)… 

Flucht vor dem Lockdown

Aber 1. kam es natürlich anders und 2. als man denkt. Ein riesige, kronenförmige Kackwurst war plötzlich weltweit am Dampfen und warf so ziemlich all unsere Pläne über den Haufen. Natürlich habe ich in Anbetracht der Situation auch kurz überlegt, unsere gesamte Reise abzublasen. Getrieben von (immer noch) jugendlichem Leichtsinn und einem ausgeprägten Fall von “Nofucksgivenitis” haben wir dann doch die Entscheidung getroffen, unseren Plan so gut als möglich durchzuziehen. Ganz nach dem ur-österreichischen Motto “Schau ma moi, dann seg ma eh!”.

Ganze fünf Tage bevor die Regierung diverse Kontaktbeschränkungen in Österreich verhängte, traten wir unseren Flug nach Denpasar an. Wenn sich jetzt jemand denkt: “Wie konntet ihr nur, ihr unverantwortlichen Beidln?”, habe ich dem eigentlich nichts zu entgegnen. Ich bin der Letzte, der einfach so das Dasein als potenzieller, sogenannter Super-Spreader auf die leichte Schulter nimmt. Noch dazu in einem Land, das ohnehin nicht mit einer besonders fortschrittlichen Krankenversorgung ausgestattet ist.

Was wir möchten oder nicht

Nichtsdestotrotz möget ihr mir bitte glauben, wenn ich sage, dass uns keine einzige Entscheidung, die wir in diesen sechs Wochen treffen mussten, leicht fiel. Jeden nächsten Schritt haben wir zuerst gedreht und gewendet wie einen Rubik’s Cube, um nicht einen Aspekt zu übersehen. Viele meiner Peers waren sehr überrascht und teilweise sehr kritisch, dass wir den Heimreise-Aufrufen der Außenministerien nicht gefolgt sind. Ganz ehrlich verstehe und schätze ich diese besorgteren Meinungen genauso wie jene, die mir viel Glück, Spaß und Gesundheit gewünscht haben. Dass nicht immer so schnell klar ist, was nun eine richtige oder falsche Entscheidung ist und ob es diese in gewissen Situationen überhaupt gibt, erkläre ich vielleicht im nächsten Blog ein wenig näher.

Aber wer möchte seine achtwöchige Reise schon um sieben Wochen verkürzen? Wer möchte für vier Wochen in einem 8m² Hostelzimmer gefangen sein? Wer möchte schon auf einer einsamen Insel ohne medizinische Versorgung stranden, während man sich die Lunge aus dem Leib hustet? Keines dieser Szenarien hörte sich sonderlich angenehm an. Die ersten paar Tage liefen dem entsprechend circa so ab: Jakob informiert sich Tag und Nacht über die Covid-19 Entwicklungen in Indonesien und nervt Franzi mit seinen Gewissensbissen, die sich langsam aber doch in Panik verwandelt, solange bis keiner mehr Bock hat, so weiterzureisen. Just remember to breathe! 

Am Grab die Totenstille

Nach fünf Tagen hatte ich dann einen einschneidenden, nahezu erleuchtenden Tag. Wir hatten uns ein Moped von unserem Homestay in einer schönen Stadt namens Ubud gebucht und geplant, einen Roadtrip zu den nicht weit entfernten Tegallalang Reisterassen zu machen. Natürlich social distance-sicher. Der erste Halt war eine 900 Jahre alte Tempel- und Grabstätte namens Pura Kunung Gawi. Im Normalfall eine gut besuchte Touristenattraktion, mit zahlreichen Souvenirständen und vielen kleinen Warungs – das sind die indonesischen Familienrestaurants, die man überall findet.

Roadtrippin on Bali

Dieses Mal war natürlich alles anders. Covid-19 und die damit zusammenhängenden Reisebeschränkungen hatten sich bereits stark ausgewirkt: Außer einer alten Hippie-Schweizerin und einer jungen russischen Influencerin waren wir die einzigen Touristen. Als wir nach ein paar Stiegen unten bei den Gräbern ankamen, offenbarte sich uns allerdings eine idyllische, komplett andere Welt. Man konnte die Vögel zwitschern und den Fluss rauschen hören. Mein erster Gedanke bei diesem Anblick war: Hier, auf diesem Felsen neben dem Fluss will ich meditieren. Gesagt, getan und kurz später sitze ich bereits auf meinem neu-erworbenen Sarong, den uns die Ladies im ersten Souvenirstand aufgeschwätzt hatten. Beine überkreuzt und bereit für die himmlische Stille an diesem Ort.

Das Virus der Gedanken

Nicht dass es irgendjemanden interessieren würde, aber für die Geschichte wichtig ist, dass ich die App Headspace für meine Meditation nutze. Ich sitze also da, mein Handy auf dem Felsen liegend neben mir und natürlich nicht in der Lage an nichts zu denken. Viel zu viele Gedanken schwirrten mir im Kopf herum: Dass ein Virus in uns eigentlich keine Angst auslösen sollte, weil es ein völlig normales Vorkommnis in der Natur ist, dass Populationen durch Krankheiten sterben. Dass es eigentlich unser System, unsere Gesellschaft, unsere Kultur und unsere Medien sind, die dieses Spiel mit der Angst betreiben. Mir ist bewusst, dass Folgendes nicht zu den am weitesten verbreiteten Meinungen zählt, aber in diesem Moment kam mir der Gedanke, dass diese Pandemie vielleicht ein brutaler Hilfeschrei von Mutter Erde ist, die uns zeigen möchte, wer hier immer noch die Zügel in der Hand hat.

Wir sind in unserer Technologie, unserer Wissenschaft, unseren Innovationen bereits so weit fortgeschritten, dass Homo Sapiens in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Rolle der selbsternannten Halbgötter angenommen haben und damit über den Gesetzen der Natur stehen zu glauben. Ich möchte wirklich nicht zynisch klingen, aber ich glaube wirklich, dass wir gerade auf brutale Art und Weise den Spiegel der Realität vorgehalten bekommen: Auf Leben folgt immer der Tod. Und der befindet sich zu jeder Zeit hinter jeder Ecke. So funktioniert der viel erwähnte, ewige Kreis. Egal wie viel man meditiert, wie gesund man sich ernährt oder wie vorsichtig man seinen Alltag gestaltet, um sich ja nicht in eine gefährliche Position zu bringen. Mutter Natur kümmert das einen feuchten Pups. 

Ein Wink des Schicksals

Ich saß da und dachte darüber nach, dass wir oftmals Sklaven unserer eigenen Technologien geworden sind. Dass der eigentliche Virus vielleicht doch die kleine Maschine mit dem schwarzen Bildschirm ist, die sich zu fast jeder Zeit in unserer Hosentasche befindet. Unsere Handys, die wir kaum noch weglegen und selbst in wunderschönen, atemberaubenden Orten immer noch in der Hand haben, um schnell ein Foto machen zu können oder unsere Meditations-App zu starten. Was genau in diesem Moment passiert ist, klingt eigentlich, als wäre es frei erfunden aber – I shit you not – genau bei diesem Gedanken wollte ich gerade meine gekreuzten Beine tauschen, als es plötzlich ein leises *plop* macht.

Ein paar Sekunden vergehen und meine Kopfhörer spielen nicht mehr mit. Ich öffne meine Augen und dann realisiere ich, was gerade passiert ist: Mein Handy ist in den Fluss neben mir gefallen. Ich rufe schnell hinüber zu Franzi, die am nächsten Felsen sitzt, um mir ein bisschen Ruhe zu verschaffen und sie kann es auch nicht glauben. Ein paar Sekunden später bin ich im Fluss, um mein Handy, das tatsächlich noch im Flussbett lag, wieder zu bergen. Erste Reaktion auf diese bizarre, filmreife Situation: Erstmal den Arsch ablachen. So eine Ironie des Schicksals malt einem wirklich nur das Leben selbst.

Endlich im Moment

Kein Handy mehr zu haben, mich nicht mehr über die Covid-Situation informieren zu können und mich damit nicht mehr auseinandersetzen zu müssen war eine wahre Erleichterung. Ab diesem Zeitpunkt war ich viel mehr im Moment und war viel besser in der Lage, die wahre Schönheit meiner Umgebung zu genießen. Nachdem wir uns noch ein Sackerl Reis beim nächsten Warung besorgt hatten, um einen Rettungsversuch fürs Mobiltelefon zu starten, ging es dann weiter zu den Reisterassen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass soeben Passiertes nicht die einzige Erkenntnis des Tages bleiben sollte. Just remember to breathe! 

Nächster Halt waren also die Tegallalang Reisfelder, die normalerweise einen weiteren Touristen-Hotspot darstellen. Doch auch hier waren außer uns nur eine Handvoll Reisender unterwegs und wir hatten definitiv genug Platz, um uns sicher von anderen zu distanzieren. Während wir die Aussicht genossen und ein paar gratis Kaffee- und Tee Kostproben probieren durften, kamen wir mit unserem Barista ins Gespräch. Dewa – übrigens einer von nur ganz wenigen Vornamen auf Bali – war ein junger, gesprächiger und äußerst freundlicher Balinese.

Karma und Reinkarnation – Gespräche mit einem Barista

Nach ein wenig Smalltalk entwickelte sich das Gespräch erwartungsgemäß in Richtung Covid-19. Ich fragte Dewa, wie das Virus seiner Meinung nach Bali beeinflussen würde. Logischerweise, hat das Ausbleiben der Touristen-Massen fatale Auswirkungen auf die Dörfer und Kommunen in Bali, die vor allem mit Tourismus ihr Geld verdienen. Zu diesem Zeitpunkt durften Touristen zwar noch nach Indonesien einreisen, aber schon kurz später machte die indonesische Regierung die Grenzen für Einreisende dicht.

Nichtsdestotrotz hatte Dewa keine Angst. Bali ist eine sehr spirituelle Insel, oft auch ‚Insel der Götter‘ genannt. Viele Gebäude-Komplexe der Einheimischen sehen aus wie Mini-Versionen der Tempel und die meisten Balinesen bringen ihren zahlreichen Göttern mehrmals täglich kleinere Opfergaben dar.  Dewa war davon überzeugt, dass Bali nicht von Covid-19 heimgesucht werden würde, da die meisten Einheimischen immer freundlich seien und daher äußerst gutes Karma hätten. Er erzählte uns, dass er nicht traurig wäre, wenn er oder seine Verwandten sterben würden. Denn sie hätten ja stets ein gutes und fröhliches Leben geführt und würden auch im nächsten Leben gut davonkommen.

Ich kann nicht bestätigen, dass mein Glaube in irgendetwas stark genug wäre, um Dewas Theorien zu bekräftigen aber eines kann ich definitiv bestätigen. Selbst in Zeiten wie diesen, in denen viele Gemeinden ihre Haupteinnahmequelle durch einen Virus, der uns vielleicht für Monate, wenn nicht Jahre beeinflussen wird, verloren haben, brachten uns die Einheimischen nichts als Herzlichkeit und Gastfreundschaft entgegen. Selbst in Zeiten der Krise: Just remember to breathe! 

Worst-Case? Alles gut!

Ich kann nicht genau erklären, warum oder was speziell sich an diesem Tag verändert hat, aber auf jeden Fall waren meine Stimmung und meine Gedanken plötzlich völlig anders. Aus irgendeinem merkwürdigen Grund war ich viel zufriedener dort zu sein, wo ich gerade war. Ich war plötzlich nicht mehr so besorgt, was mit dem Virus in Indonesien passieren würde.

Es mag sich vielleicht seltsam anhören, aber selbst die Worst-Case Szenarien, dass Franzi und ich auf einer einsamen Insel wegen Trinkwasser-Mangel verdursten müssten oder alternativ, dass wir zu den unglücklichen 0,x Prozent unserer Altersgruppe zählen würden, die tatsächlich an Lungenversagen versterben würden, waren plötzlich okay. Wenn’s das gewesen sein soll, dann soll es das gewesen sein. Immerhin bei einer Tätigkeit die ich liebe, mit einer Person die ich liebe. Was könnte schöner sein? 

Zum Geburtstag unter Wasser

Die nächsten Tage verbrachten wir noch in und um Ubud und danach in einem kleinen, ruhigen Städtchen namens Sanur. Dort waren wir eigentlich nur aus zwei Gründen: Um unser Visum bei der örtlichen Immigrationsbehörde um weitere 30 Tage zu verlängern und um meinen guten Freund Willis zu treffen. Willis kennen die treuen Leser unter euch vielleicht noch aus dem ein oder anderen China-Blogpost, major shoutout an dieser Stelle an dich, Bruder!

Gemeinsam mit Willis und Franzi machten wir uns auf den Weg nach Nusa Penida, einer deutlich überschaubareren Insel vor der südwestlichen Küste Balis. Zugegebenermaßen, die Fähre dorthin war alles andere als Corona-safe und jedes Mal, wenn sich jemand auch nur räusperte, musste ich innerlich cringen. Aber hey, auch das haben wir gesund überstanden. Willis war ein absoluter Schatz und organisierte für die nächsten vier Tage so ziemlich alles für uns.

Nachdem es zufälligerweise auch Franzis Geburtstags-Wochenende war, hatte er auch einen Tauchgang mit Sanctum Dive, mit denen er schon zuvor immer wieder Dive-Trips unternommen hatte, für uns organisiert. Aber nachdem erstes Mal tauchen noch nicht genug gewesen wäre, arrangierte Willis einen Trip zum sogenannten Manta Point für uns. Man kann vielleicht anhand des Namens erraten, warum dieser Ort besonders sein könnte. Bevor wir uns aber in den tiefen, gefährlichen Ozean stürzen durften, unterliefen wir noch einen kleinen Crash-Kurs im Pool. Was sind die wichtigsten Tauchzeichen, wie zeige ich ein Problem an, wie gehe ich mit meiner Ausrüstung richtig um und am allerwichtigsten: Don’t panic and just remember to breathe! 

Atmen gegen die Nervosität

Am nächsten Morgen fühlte ich mich dann wie ein Kind am 24. Dezember. Wir räumten unsere Ausrüstung aufs Boot, wurden kurz über die Topografie des Tauchortes gebrieft und schon konnte es losgehen. Positive Anspannung ist vermutlich ein Understatement. Ich war hyped! Die 40-minütige Bootsfahrt zu unserem Tauchspot kam mir deutlich länger vor, da ich es nicht mehr erwarten konnte endlich ins Wasser zu springen. Und völlig aus dem Nichts war es auf einmal da.

In wunderschöner, schnörkeliger Mandala-Schrift: REMEMBER TO BREATHE! Tätowiert auf dem Unterarm eines finnischen Herren, der sich mit seiner Frau auch auf unserem Tauchgang befand. In diesem exakten Moment schloss ich meine Augen und wiederholte diesen Satz immer wieder, wie ein Mantra. Einige Minuten später war es dann endlich so weit. Als unser Tauchlehrer und Dive Master uns das Zeichen gab, unsere Ausrüstung anzulegen, dämmerte es mir. Ich war nicht nur gespannt und aufgeregt. Ich war so richtig nervös! Nervös, dass etwas passieren könnte, dass meine Ohren nicht mitspielen würden, dass ich keinen Druckausgleich hinbekommen würde. Aber dann erinnerte ich mich an das gleiche Mantra, das ich soeben gute 50 Mal vor mich hergesagt hatte: Remember to breathe and you’ll be fine. 

WOAH MANTA!

Okay, Daumen hoch… äääähm ich meine Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis zusammen und let’s fucking do this (Daumen hoch heißt in Tauchsprache “wir gehen an die Oberfläche”)! Gewichte drauf, Sauerstoffflasche drauf, Maske an, Flossen an, Atemregler rein, Füße überkreuzt und ab die Post! Alles okay? Alles okay. Runter geht’s. Oh shit, es drückt gewaltig in den Ohren. Ich hab ein Problem. Einmal mit der Handfläche wacheln. Na gut, etwas langsamer. Druck ausgleichen, Luft rauslassen, wieder Druck ausgleichen. HOLY SHIT da schwimmen zwei 4-Meter lange Mantarochen direkt unter mir. Scheiße, GoPro hat nicht aufgenommen. GoPro einschalten. Wieder Druck ausgleichen. Holy fucking fuck, sechs Mantas, die direkt vor mir schwimmen! Remember to breathe! 

In den ersten Minuten unter Wasser geht SO UNGLAUBLICH VIEL ein deinem Kopf vor und du musst an so viele Dinge gleichzeitig denken, dass nicht nur das ein sicherer Tauchgang, sondern zur selben Zeit auch Spaß dabei zu haben richtig herausfordernd wird. Wenn man sich aber erst einmal daran gewöhnt hat und ein wenig Zeit unter Wasser verbracht hat, wirkt es fast meditativ. Du atmest ein, du atmest aus und du genießt einfach den Moment 15 Meter unter der Wasseroberfläche Lebensformen zu beobachten, die dreimal so groß sind wie du. Es ist einfach unglaublich geil und ich verstehe absolut, warum viele Menschen eine Tauch-Sucht entwickeln. Wenn man dann mal seinen Open Water Kurs gemacht hat und ein paar weitere Tauchgänge absolviert hat, hört man auf ständig nachzudenken, was man alles beachten musst, um zu überleben. Man hört auf zu denken. Man ist einfach nur! Just remember to breathe! 

Remember to breathe – in allen Lebenslagen

In den folgenden fünf Wochen sollte ich noch oft an diesen ersten Tauchgang und vor allem an dieses neue Mantra denken. Meiner Meinung nach ist dieses Motto das zutreffendste Motto überhaupt.

  • Gestresst, weil man drei Kleinkinder allein zu Hause versorgen muss? Remember to breathe!
  • Du hast eine garstige Mail von deiner Mitarbeiterin mit der ganzen Firma im CC bekommen? Remember to breathe!
  • Du streitest dich mit deiner besseren Hälfte, weil ihr die letzten fünf Wochen miteinander im Lockdown wart? Remember to breathe!
  • Jemand beschimpft dich beim Fortgehen vor deiner Squad? Remember to breathe!
  • Dein Geschwisterchen geht dir so sehr auf die Eier, weil ihm oder ihr langweilig ist? Remember to breathe!
  • Angstzustände wegen einer bevorstehenden Präsentation? Remember to breathe!
  • Existenzkrise, weil du nicht das erreicht hast, womit alle anderen auf Social Media rumprollen und dein Leben wirkt im Vergleich absolut scheiße? Remember to fucking breathe! 

 Ihr versteht was ich meine. Mir ist völlig bewusst, dass all das viel leichter gesagt als getan ist und ich habe es weiter oben schon erwähnt. Keinesfalls möchte ich mich hier als irgendeinen Experten verkaufen, der immer ruhig ist und einfach atmet. Im Gegenteil. Ich schreibe diese Zeilen einfach nur, weil es sich richtig anfühlt. Mir ist es wichtig, diese Messages mit jemandem zu teilen. Wenn sich zumindest eine Leserin oder ein Leser von meinen Worten und Gedankenfürzen inspirieren lässt und sie eventuell ihr Leben dadurch verbessern können, dann habe ich schon erreicht, was ich erreichen wollte.  

Bussis auf eure Bauchis, euer friendly neighborhood bear 

PS: REMEMBER TO BREATHE! 

Country Roads, schwarze Bären und weiße Adler

Disclaimer: Nachdem dieser Text im Flieger direkt neben meinem guten Freund Benjo verfasst wurde, ließ es ebendieser sich nicht nehmen, ein paar „funny meme easter eggs“ einzubauen. Wer alle 3 findet, bekommt eine Belohnung!

Etwas mehr als fünf Wochen habe ich nun in Europa verbringen dürfen aber habe währenddessen nicht einmal daran gedacht, mir die paar Stunden zu nehmen, die es braucht um einen neuen Blogpost zu schreiben. Nun sitze ich bereits wieder im Flieger und schreibe. (Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sitze ich mittlerweile im Hostel im wunderschönen Cartagena). Los geht’s in Richtung Mittel- und Südamerika. Genauer gesagt starte ich mit meinem guten Kumpel und Kindheitsfreund Benjo aus Costa Rica und in insgesamt 8 Wochen geht es dann hinunter in Richtung Ecuador, wo ich dann einen 5-wöchigen Kurs für Englischlehrer belegen werde. Wie ihr also lesen könnt, der Schreibstoff geht mir in nächster Zeit bestimmt nicht aus, manchmal fällt es mir nur schwer mir die Zeit dazu zu nehmen, etwas auf’s Papier bzw. auf den Bildschirm zu bringen. Aber! Es gibt immer ein großes Aber und meines ist, dass wenn ich etwas verspreche ich auch vor habe das einzuhalten. Daher widme ich die nächsten paar Absätze einer meiner größten Leidenschaften und ganz genau vielleicht sogar meinem absolutem Lieblingsevent überhaupt: dem World Scout Janboree und insbesondere die 24. Ausgabe davon.

Wenn du das liest, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass ich dich entweder sowieso durch die Pfadfinder kenne oder, dass du zumimndest jemanden bei den Pfadfinder kennst. Wenn das auf dich zutrifft, kannst du getrost die nächsten zwei Absätze auslassen und dann weiterlesen, wenn du das siehst: (*)(*) (ja, mir ist bewusst, dass das aussieht wie die weibliche Brust und ja, ich habe diese Zeichenkombination genau aus diesem Grund ausgewählt). Für all jene, denen Pfadfinderei nichts weiter sagt, als das fernsehen-geprägte Bild Kekse verkaufender und Abzeichen sammelnder kleiner Kinder, sind die nächsten Absätze vielleicht interessant. Die „World Organization of the Scout Movement“ ist ihreszeichens die weltweit größte Bewegung für Jugendliche. Es existieren überhaupt nur 5 Länder, in denen es gar keine „Pfadis“ gibt und insgesamt sind es weltweit über 40 Millionen aktive Mitglieder. Die Idee des Gründers der Pfadfinder, Lord Robert Stephenson Smith Baden Powell, und der Bewegung allgemein ist relativ simpel: „Lasse die Welt ein wenig besser zurück, als du sie vorgefunden hast.“ Dieses Zitat könnte man auch gut und gerne als Zusammenfassung und vielleicht sogar als Mit-Auslöser für meine eigene, kleine „Knowledge Bewegung“ hernehmen. Die Philosophien, Methoden und Arten und Weisen der Pfadfinderei geschehen genau vor diesem Hintergrund, die Welt zu verbessern. Ich selbst bin seit meinem siebenten Lebensjahr aktiver Pfadfinder und bin meinen Eltern sehr, sehr dankbar, dass sie sich damals dazu entschieden haben, mich zu den Pfadis zu schicken. Die Pfadfinderei hat mein Leben sehr stark beeinflusst und ich wäre ohne sie heute höchstwahrscheinlich nicht dort wo ich bin.

Wenn man mich fragt, ist das World Scout Jamboree (WSJ) das Epitom und Highlight einer jeden Pfadfinderkarriere. Das erste Jamboree überhaupt fand vor fast genau 100 Jahren in London mit einer süßen Teilnehmerzahl von 8000 Pfadfindern statt. Heutzutage werden Jamborees in einem Vierjahresrhythmus veranstaltet und Veranstalter werden anhand umfassender Bewerbungen von einem Gremium ausgesucht. Teilnehmer sind zwischen 14 und 18 Jahren alt, was bedeutet, dass jeder Pfadfinder zumindest zeitlich gesehen genau ein einziges Mal die Möglichkeit hat ein Jamboree zu besuchen. Ich hatte 2007 am 21. WSJ in Großbritannien, gleichzeitig auch das 100-jährige Jubiläum der Pfadfinderbewegung, die Möglichkeit als 15-jähriger an diesem Spektakel teilzunehmen. Diese beeindruckende Erfahrung vor 12 Jahren könnte man vielleicht als meine „Einstiegsdroge“ zum Weltenbummler-Dasein bezeichnen. Ein 15-jähriger Otto-Normal Österreicher hat einfach nicht die Möglichkeit Flöße zu bauen, Klettern oder Bogenschießen zu gehen oder an Nachhaltigkeitsworkshops mit Jugendlichen aus Ländern wie Mexiko, Brasilien oder Zimbabwe teilzunehmen. Diese ganz spezielle Veranstaltung vor 12 Jahren hat definitv einen mehr als bleibenden Eindruck hinterlassen.

Aber nur ein Mal als Teilnehmer an einem Jamboree teilnehmen zu können, bedeutet keineswegs, dass man nur ein einziges Mal auf ein Jamboree fahren darf. Die Pfadfinderbewegung an sich ist völlig ehrenamtlicher Natur. Erwachsene investieren viel Zeit, Schweiß und Blut und nicht selten viel Geld um der, meines Erachtens mit Abstand wichtigsten Altersgruppe – den Kindern und Jugendlichen –  die Möglichkeit zu geben eine positive Veränderung in unserer Gesellschaft herbeizuführen. Gerade dieses Konzept der Freiwilligkeit unterscheidet die Pfadfinderei von vielen anderen geldgetriebenen Jugendvereinigungen. Auf weiterfolgenden Jamborees hat man also folgende Optionen um trotzdem „dabei sein zu können“ (und das ist ja bekanntlich alles, was zählt): 1. als Teil des Internationalen Service Teams (auch IST genannt und die Option, für die ich mich die letzten drei Male entschied), 2. als Jugendleiter bzw. Patrullenbetreuer oder 3. als Teil des Kontigent Management Teams. Alle der eben genannten Optionen setzen die Leistung eines (alles andere als geringen) Lagerbeitrages vorraus. Die verschiedenen teilnehmenden Nationen werden nach ihrem BIP und anderen wirtschaftsökonomischen Faktoren in 4 Kategorien eingeteilt. Auf dem Papier bedeutet das, dass weniger wohlhabendere Länder einen deutlich geringen Beitrag bezahlen müssen als jene Teilnehmer und Freiwilligen aus „reichen“ Ländern. Wiederum ein löbliches Konzept allerdings sieht es in der Realität oft so aus, dass aus vielen Ländern dennoch nur Pfadfinder aus der mittleren Oberschicht+ an einem Jamboree teilnehmen können. Böse Zungen würden sogar meinen, dass es sich bei einem Jamboree um ein „elitäres Event“ handelt, was natürlich genau dem Gegenteil des Pfadfindergedanken entspräche. Allerdings kann ich diesen bösen Zungen nicht gänzlich beipflichten. Einige werden sich nun denken: Warum bezahlt jemand Geld um seine Freizeit aufzuwenden um für zwei Wochen als Müllmann zu arbeiten oder jeden Tag um 3:30 Früh aufzustehen um für 10,000 Menschen Essen zuzubereiten. Die Erklärung ist sehr einfach: Etwas zurück geben und in die „Gefallensbank“ (Danke Papa!) einzuzahlen. Dies sind für mich zwei der offensichtlichsten Gründe aber es geht noch viel weiter als das.

(*)(*) So. Nun hoffe ich, dass ich die Hintergründe ausreichend erklärt habe. Jetzt mehr zum letzten Jamboree, der 24. Ausgabe dieses „friedlichen Treffens aller Stämme“ (so die eigentliche Bedeutung des Wortes Jamboree). Dieses Jamboree war ein ganz besonderes vor allem in Hinsichg auf das Veranstaltungsland. Bzw. DIE Veranstaltungsländer. Zum ersten Mal überhaupt gab es nämlich nicht nur eines sondern gleich DREI einladende Pfadfinderverbände: Mexiko, Kanada und die USA. Selbstverständlich wäre es wohl ein wenig kontraproduktiv die 30,000 Teilnehmer und die zusätzlichen 10.000 freiwilligen erwachsenen Helfer auf drei Orte aufzuteilen. Daher haben sich die austragenden Nationen darauf geeinigt, das Jamboree in einem der größten und vielseitigsten Outdoor und Abenteuerreservate das ich je gesehen habe auszutragen: Das Summit Bechtel Reserve im wunderschön natur-belassenen US-Staat West Virginia (Bester Beweis dafür: die unzähligen Rehe überall auf dem Gelände und der ein oder andere Schwarzbär, der von der Neugierde getrieben seinen weg in unser Camp fand). Von den mir angebotenen Reisewegen schien es mir am sinnvollsten nach Charlotte, North Carolina zu fliegen und mich von dort via Shuttlebus zum Lagerplatz zu begeben. Eine der Hauptaufgaben der IST ist es dafür zu sorgen, dass der Lagerplatz bereit für die Teilnehmer ist und alle notwendigen logistischen Schritte zu setzen, so dass ein reibungsloser Ablauf für die Teilnehmer gewährleistet werden kann. Das bedeutet natürlich eine verfrühte Anreise und auch obwohl der größte Schwall an anreisenden Pfadfindern erst kommen sollte, waren bei meiner Ankunft in Charlotte sofort zahlreiche Pfadfinder zu sehen. Einer von ihnen war es auch, der mich sofort zum Shuttlebus leitete, der uns nach West Virginia bringen sollte.

Schon Monate vor Beginn des Jamborees wurde mir ein Job im „Green und Recycling Team“ angeboten. Als Teil der „communication und liaison squad“ hatte ich mir erhofft, zum Beispiel Workshops zu so wichtigen Themen wie Nachhaltigkeit und Recycling zu leiten. Tja, Denkste. Meine eigentliche Rolle für die zwei Wochen des Jamborees hatte mit Workshops tatsächlich kaum etwas zu tun. Die Aufgabe unseres Teams war es nämlich, dafür zu sorgen, dass in allen Programmbereichen ausreichend Mülleimer zur Verfügung stehen, diese richtig gekennzeichnet sind und alle Programm-Verantwortlichen Bescheid wissen, mit welchem System Recycling und Mülltrennung passieren soll. Nichtsdestotrotz wurde mir recht schnell bewusst, dass ich in der Welt der Jamboree-Jobs den Jackpot geknackt hatte. Diese Einsicht hatte mehrere Gründe. In erster Linie durfte ich Teil eines großartigen, internationalen Teams sein: Pfadfinder aus den USA, Schweden, Großbritannien, Chile, Kolumbien, Bolivien, Portugal, Schweiz, Deutschland und der Tschechischen Republik waren vertreten (Special Shoutout an das Herz und die Seele unseres Teams: Momma Kay, eine der herzlichsten und hilfsbereitesten Menschen, die ich je getroffen habe und die sich großmütterlich um das ganze Team gekümmert hat, indem sie immer wieder Snacks und Süßigkeiten bereitstellte und somit sicher ging, dass niemand mit Gewichtsverlust aussteigen würde. Außerdem agierte sie in den ersten Tagen des Jamborees als meine persönliche Chauffeurin). Der zweite Grund waren die kleinen aber feinen Gefährte namens UTV (Utility Task Vehicle) die unserem Team auf Grund der Natur unserer Tätigkeit zur Verfügung standen. Das Summit Bechtel Reserve ist beinahe 50km² groß und dementsprechend können die Wege sehr weit werden. Die meisten IST mussten nämlich entweder zu ihren Arbeitsbereichen laufen oder diverse Shuttlebusse in Anspruch nehmen. Nicht aber das Recycling Team, bitches! Der dritte und vielleicht angenehmste Aspekt unserer Arbeit war die eigentliche Tätigkeit mit all den Vorteilen die sie mit sich brachte. Da wir für die verschiedenen Programm-Bereiche verantwortlich waren, hatten wir natürlich auch die Möglichkeit fast alles zu sehen, dass das Jamboree zu bieten hatte. Ein paar Highlights: Eine 2km lange Zipline über einen See, Mountainbiking Strecken, ein riesiger Skatepark, Kayaken, Raften, eine „Faiths and Beliefs Zone, ein Global Village, ein Nachhaltigkeitsbaumhaus, ein Regenbogen Cafe und (weil wir sind ja immer noch in Amerika) ein unfassbar großer Schießstand. Der vierte und allerwichtigste Grund für meine Begeisterung war, dass ich meine Jause am liebsten neben Mistkübeln esse und daher immer gemütlich während der Arbeit zu Mittag essen konnte! Bevor das Lager überhaupt offiziell eröffnet worden war, hatte ich schon allein durch meine Arbeit die meisten Areale gesehen: Mistkübel wurden aufgestellt und beklebt und Menschen wurden instruiert, wie sie Müll zu trennen haben. Schweren Herzens muss ich leider schreiben, dass die Kommunikation wohl nicht gut geklappt hat und die Resultate des gesammelten Recycling- versus Restmüll alles andere als umwerfend waren.  Es waren mehrere Dinge, die auf diesem Jamboree (und auch auf allen, an denen ich zuvor teilgenommen hatte) nicht perfekt organisiert waren (z.B. Unmengen an Einwegplastik das verwendet wurde). Aber natürlich zeigt das ganz einfach „nobody’s perfect“ und ich hoffe, dass die Organisatoren ihre Lektion für’s nächste Mal gelernt haben.

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Ehrenamtlich arbeiten und an vielen der tollen Angebote teilnehmen zu können sind natürlich schon einmal eine Fetzengaude für sich. Was mich aber alle vier Jahre wieder auf Jamborees wie einen Magneten auf’s Jamboree zieht (und warum ich mir geschworen habe, dass ich – soweit es mir familiär und gesundheitlich möglich sein sollte – auf jedes weitere Jamboree zu fahren) sind die unglaublichen Menschen und die Atmosphäre die sie kreieren. Ich male euch schnell ein Kopfbild: 40.000 Menschen die sich zum größten Teil noch nice zuvor begegnet sind. Menschen aus 150 verschiedenen Ländern. Menschen mit verschiedenen Hautfarben, verschiedenen Kulturen, verschiedenem Glauben, aus verschiedenen sozialen Schichten, aus den verschiedensten Fachbereichen, mit verschiedener Erziehung. Einfach fucking verschiedene Menschen! Die Mehrheit dieser Menschen sind auch stolz auf ihre Herkunft, sie scheuen sich nicht ein gesundes Maß von Patriotismus an den Tag zu legen. Sie singen Lieder in ihrer Muttersprache, spielen Spiele aus ihren Ländern, kochen die leckersten Gerichte aus ihren Regionen, tanzen Volkstänze usw. Nichtsdestotrotz behaupte ich, dass sich ein Jamboree insofern von jeder x-beliebigen, derart heterogenen Community in einem riesigen Punkt unterscheidet: Jede einzelne Person ist so offen und tolerant wie nur vorstellbar. In der Pfadfinderei gibt es meinen Platz für Hass, politischen Konflikt (sehr wohl jedoch für konstruktiven Diskurs!) oder vorturteilsgetrieben Abschätzungen. Für mich persönlich ist das Jamboree das nächste was an eine „judgement free zone“ herankommt. Auf Jamborees hatte ich noch nie das Gefühl, dass mir jemand vorschreibt wer ich zu sein habe oder in eine Rolle drängt, in der ich mich nicht wohl fühle. Ich kann ich selbst sein und es wird Leute geben, die mich dafür wertschätzen wer ich bin. Wenn ich Scheiße baue, werden sie mich direkt darauf hinweisen aber sie werden mir auch sagen, wie ich es beim nächsten Mal besser machen kann. Wenn ich etwas erreicht habe, werden sie mich dafür angemessen feiern. Das ist es, was für mich den Jamboree-Geist ausmacht. Diese Art von bedingungsloser Toleranz findet man in unserer heutigen Gesellschaft sehr selten und sie ist es, warum ich jetzt schon so auf das 25. World Scout Jamboree in Südkorea in vier Jahren brenne.

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Ich könnte noch weiter so dahinschmachten und es gibt so viel Stories und Anekdoten aus diesen zwei Wochen bei diesem großartigen Event. Eine davon möchte ich gerne herausstreichen, weil sie meines Erachtens sehr gut zeigt, warum es mehr solcher globaler Events benötigt um unsere Menschheit zu einer besseren zu machen. Mein Lieblingstag eines jeden internationalen Pfadfinderlagers ist der Culture Day (abgesehen von Pizza-Montag). Der Culture Day auf diesem Jamboree sollte dabei keine Ausnahme darstellen. Man stelle sich vor, den ganzen Tag zwischen Zelten herumzuspazien, hier und da Gerichte und Spezialitäten aus aller Welt zu probieren, Performances aus aller Welt zuzusehen und zu -hören, die mehrere Woche Vorbereitung erfordert haben, und einfach zur Abwechslung auch Mal ein wenig stolz darauf sein wo man herkommt. Selbstverständlich auf gesunde nicht-nationalistische Weise. That’s Culture Day. Dieses Mal wurde der Culture Day von einer sogenannten „Unity Ceremony“ beschlossen. Zeremonien sind auch ein wichtiger Teil eines jeden Jamboree’s und ich bin mir sicher, dass ein beträchtlicher Teil des Budgets für die 3 Hauptzeremonien (Eröffnung, Unity und Abschied) in den Sand (bzw. in Form von Feuerwerken in den amerikanischen Himmel, ein weiterer Punkt, der vielen – wie auch mir – missfiel) gesetzt wurden. Der Teil der Unity Ceremony der am meisten Eindruck hinterließ war hingegen zur Gänze kostenlos. Die drei Moderatoren der Zeremonie, einer aus jedem Austragungsland und natürlich auch Pfadfinder, hatten einen besonderen Gast auf der Bühne, der durch die Feierlichkeiten führen sollte: Ein Stammesältester einer der Stämme, die schon seit tausenden von Jahren in West Virginia ansäßig sind. Dieser Stammesälteste hatte eine ganz besonderes, persönliches Ziel. Er wollte den „Spirit of Humanity“, also den Geist der Menschlichkeit, in den 40.000 Anwesenden herbei beschwören. Viele mögen nun meinen, dass sich das ein wenig sekten-mäßig anhört und ich will auch gar nicht bestreiten, dass sich mehrere Aspekte der Pfadfinderei nicht großartig von „wirklichen“ Sekten und Kulten unterscheiden aber das ist hier nicht der Punkt. Besagter Stammesälteste rief den Spirit of Humanity, indem er mehrere gläubige Pfadfinder aus verschiedensten Religionen und Glaubensbekenntnissen einlud, ein Gebet aus ihrem respektivem Glauben zu rezitieren. Ich habe mich wirklich konzentriert und versucht, bei allen Gebeten so gut als möglich zuzuhören (was ob der verschiedenen Akzente und Sprachbarrieren nicht immer ganz einfach war) und war danach wirklich erstaunt: Jedes einzelne Gebet hatte die gleiche Kernaussage. Egal ob aus dem Buddhismus, dem Katholizismus, dem Islam oder anderen, weniger bekannten Religionen wie ‚Science‘. Die Botschaft die vermittelt werden sollte, war die gleiche und zwar die Unterschiede der Menschlichkeit endlich hinter uns zu lassen und zu akzeptieren, dass wir alle in einem sprichwörtlichen Boot namens Erde sitzen und wir kein Rettungsboot als Ersatz haben. Es wurde immer wieder betont, dass wir alle nichts anderes als Brüder und Schwestern sind und GEMEINSAM dafür zu sorgen haben, dass unser Boot nicht untergeht. Völlig egal an welchen Gott wir glauben, völlig egal wo wir diesem Glauben zu Folge nach dem Leben, wie wir es kennen, sein werden. Immer wieder wurde betont, dass wir dies GEMEINSAM tun müssen und das wir es allerspätestens JETZT tun müssen. Wir müssen ethnische, religiöse oder „rassenmotivierte“ Unterschiede hinter uns lassen um als eine einzige menschliche „Rasse“ voranschreiten zu können. Selbstverständlich ist mir klar, wie kitschig sich das vielleicht anhören mag, aber all diese Gebete zu hören hat mich dazu gebracht, wirklich aktiv über dieses äußerst komplexe Problem, dem wir als Menschheit unserer Generation gegenüberstehen, nachzudenken. Denn wenn man logisch darüber nachdenkt, gibt es tatsächlich keine Argumente gegen diesen Glaubens- bzw. Überzeugungsansatz. Sogar trotz dem leicht lächerlichen Ende der Zeremonie, als der Spirit of Humanity nach einer Nachdenkminute des Schweigens erfolgreich beschwören worden war und sich ein, über die gesamte Bühne erstreckender, aufblasbarer, weißer Adler erhob (‚Murrica, fuck yeah), bin ich der Meinung, dass diese fantastische Zeremonie die Werte und Überzeugungen der Pfadfinderei perfekt unterstreicht: Es geht darum, verantwortungsbewusste Teilnehmer unserer Gesellschaft zu sein, uns um unseren Heimatplaneten gut zu kümmern und jene Menschen zu ignorieren, die so hart daran arbeiten uns mit Hass, Gier und Rassismus zu spalten, um selbst davon zu profitieren. Für mich persönlich ist es genau das, was es ausmacht ein Pfadfinder zu sein und warum es für mich eine der wertvollsten Lebenserfahrungen überhaupt ist. Ich kann genau aus diesem Grund jeder zukünftigen Mutter und jedem Vater in Spe wärmsten empfehlen, seinen oder ihren Kindern zumindest nahe zu legen, das Pfadfindern einmal auszuprobieren oder vielleicht selbst auch in späten Jahren noch damit zu beginnen. Denn eines ist ganz sicher: Es ist nie zu spät, unsere Welt zu einem lebenswerteren Ort für alle zu machen!

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Ich belasse es nun bei diesem (wie ich finde) schönen Schlusssatz, denn wie ihr lest, könnte ich noch für ein paar Seiten so weiterschreiben. Wenn ihr neugierig geworden seid und noch mehr Anekdoten oder Schwänke vom Jamboree hören wollt (wie z.B. die, als mein Gemächt in einer Kaffeemaschine stecken blieb), erzähl ich jederzeit gerne. Es gibt noch viele, viele mehr zu erzählen, würde aber den Rahmen vermutlich sprengen.

Dieses Mal werde ich nichts versprechen, da ich mir während dem Reisen noch schwerer tue, Zeit zum schreiben zu finden. Aber die nächsten Weihnachtsferien kommen bestimmt also bleibt geduldig ihr loyalen Leser von bearnecessities.

So weit so gut, Bearhugs und Bussis auf die Bauchis rund um die Welt!

Euer friendly neighborhood bear.

The Good, the Bad und die Knowledge

******************** If your German only goes as far as „Prost“ and „Dankeschen“ HERE is the English version for you ************************

Und jährlich grüßt das Murmeltier. Wie im Vorjahr hab ich die Muse nicht mit nach China genommen und daher schon seit Weihnachten nichts mehr von mir hören lassen. Seit meinem letzten Blogpost über die Fahrradstory des Grauens sind natürlich drölf Millionen Dinge passiert und inzwischen habe ich das Kapitel China vorerst abgeschlossen und mir endlich wieder Mal Zeit genommen um etwas in die Tasten zu hammern.

Die Geschichte mit dem Fahrrad hat ironischerweise sogar einen sehr erfreulichen Verlauf genommen. Nach ‚Passierschein A38‘-artigem Hin – und Hergerenne (Asterix-Kenner wissen wovon ich spreche) vom Gericht zur Finanzabteilung zur Anwältin zur Finanzabteilung zur Bank zur Bank usw. Schlussendlich hatte ich meine zuvor eingezahlten knapp 36.000 Euro Kaution wieder auf dem Konto. Beziehungsweise waren es im Endeffekt sogar 1500€ mehr auf meinem Konto. Ein Geschenk des Klägers? Aufwandsentschädigung durch chinesische Behörden? Der war gut! Tatsächlich war das Mysterium recht schnell gelöst: In den drei Monaten, in denen ich versucht hatte, mein Geld wieder zu bekommen, wurde der Renminbi (also die staatliche chinesische Währung) so viel stärker, dass ich – bedingt durch den Wechselkurs von RMB zu Euro – nach dem Zurückwechseln eine angenehme Überraschung auf dem Konto vorfand. Ich behaupte jetzt einfach einmal: Das ist das Epitom guten Karmas. Suck it, Mr. Zhu! Mehr möchte ich auch gar nicht mehr zur Causa sagen. Unterm Strich bleibt eine gute Story und die Erkenntnis, dass man mit genug positiver Vibes und Unterstützung auch eine chinesische Zivilklage und Reisesperre unversehrt überstehen kann. Thank you, next!

Seit Weihnachten war ich natürlich auch wieder auf Reisen. Eigentlich verdient jeder der Trips des letzten halben Jahres einen eigenen Blogpost und vielleicht, wer weiß, küsst mich die Muse ja wieder wenn ich in den nächsten Tagen zurück in Österreich bin. Kurz erwähnt sollen sie hier trotzdem noch sein, da sie alle obergeil, kindheitstraum-erfüllend und auch „knowledgeable“ waren:

Da wäre zum Ersten die knapp einwöchige Reise zu Chinese New Year nach Kambodscha. Featuring der stressfreiesten und fetzigsten Co-Reisenden, die man sich nur vorstellen kann in Form der fetzigen Franziaska aka Francik aka Shranzeska aka Franny. Auch der liebe Alejandro sei hervorgehoben, der uns für ein paar Nächte bei sich auf seiner Couch beherbergt und uns die Expat- bzw. Clubszene Phnom Penhs näher gebracht hat. Dann war da natürlich noch der zutiefst berührende und beeindruckende Besuch der sogenannten ‚Killing Fields‘ bzw. des Genozid-Museums:  untergebracht in einem der tödlichsten Gefängnisse der Neuzeit überhaupt, dem ehemaligen S21, in dem nur eine Handvoll Häftlinge die Torturen und Grausamkeiten der Pol Pot bzw. der roten Khmer überlebten. Und natürlich im starken Kontrast dazu die atemberaubenden Tempel von Ang Kor in Siem Reap, wo wir sowohl Sonnenaufgang als auch Sonnenuntergang in den Tempelanlagen erleben durften. (Ich merke beim Schreiben dieser Zeilen schon, dass hier noch ein längerer Bericht folgen wird…)

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Zum ‚Spring Break‘ ging es dann mit dem lieben Julian nach Malaysia, genauer gesagt auf die Insel Borneo und natürlich für ein, zwei Nächte nach Kuala Lumpur (schließlich der Hub für ganz Südostasien und Malaysia sowieso). Die Bilder sagen eigentlich mehr als 1000 Worte aber die Wildtier Begegnungen hier, angefangen von den Nasenaffen über einen U-Boot Elefanten bis hin zur sehr bedrückenden Sichtung eines Orang-Utans, gefangen in einer Palmöl-Plantage (siehe Facebook Fotos dazu), fallen ebenfalls unter die Kategorie „Kindheitstraum“ und waren auch sehr Augen öffnend was unser Konsumverhalten betrifft. Ich glaube auch hier muss noch ein längerer Text folgen.

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Es folgten noch 2 sehr kurzweilige Monate in Beijing  voll von Volleyball, Abschieds-, Sommer, Geburtstags- und sonstigen Feiern (gearbeitet wurde natürlich auch noch) und so plötzlich wie das Abenteuer China begonnen hat, war es dann auch schon wieder vorbei. Mit dem Ende des Schuljahres 2018/2019 endete auch mein zwei-jähriger Vertrag mit der British School of Beijing. Am Ende eines so abenteuerlichen und lehrreichen Kapitels, welches es zweifelsohne war, gilt es natürlich ein wenig zu reflektieren. Wie ich schon im letzten Post kurz erwähnt habe, bleibt am Ende eines Lebensabschnittes ein Haufen positiver als auch negativer Erfahrungen die dann eine Gesamterfahrung ergeben, ähnlich wie eine einfache Rechnung. Viele dieser Erfahrungen habe ich in früheren Posts schon kurz angeschnitten aber einiges möchte ich noch einmal kurz und knapp mit einer kleinen persönlichen Reflexion – sozusagen „unterm Strich“ – zusammenfassen:

(Disclaimer: Dass es sich hierbei um eine persönliche und ausschließlich subjektive Schilderung handelt, impliziert das Wort Reflexion ja schon. Mir ist klar, dass es Millionen von Menschen dort draußen gibt, die Aufgrund verschiedenster Umstände natürlich völlig andere Erfahrungen während ihrer X Jahre in China gemacht haben. Was folgt sind meine gänzlich eigenen Eindrücke nach zwei Jahren im Reich der Mitte!)

Was ich an China vermissen werden:

  • Als jemand, der sich selbst gerne als „social butterfly“ bezeichnet, war China und insbesondere Beijing natürlich ein Traum. Das Angebot an Freizeitaktivitäten, Reisedestinationen, Restaurants aus aller Welt, Sehenswürdigkeiten und nächtlicher Unterhaltungsmöglichkeiten ist schier unendlich. Gerade im letzten halben Jahr sind mir vor allem meine Volleyball Boys und Girls sehr ans Herz gewachsen (Shoutout an die Panthers Squad an dieser Stelle). Aber auch viele meiner Kollegen sind definitiv zu Freunden geworden, von denen ich sowohl professionell, als auch persönlich viel lernen konnte und mit denen es immer eine Riesengaudi war! Ihr wisst, wer ihr seid und ich hoffe inständigst, dass sich unsere Pfade in Zukunft wieder kreuzen werden!
  • Das bringt mich auch zum zweiten Aspekt den ich sehr vermissen werde: Mein Job an der BSB! Ein Gesamtpaket wie jenes, dass mir hier geliefert wurde, findet man bestimmt nicht so schnell. Auch wenn es immer viel Arbeit war, die Schultage mit regelmäßig knapp 10 Stunden oft lange waren, bin ich mit der Gesamterfahrung sehr zufrieden und froh, diesen Schritt gemacht zu haben. Oft war es zwar nicht ganz einfach den Spagat zwischen den Anforderungen des deutschen Lehrplanes bzw. der deutschen Eltern und denen unserer britischen Schule gerecht zu werden aber wenn man mal die richtige Balance gefunden hat, ist es schwer, 10 Kinder in der Klasse und die Hilfe einer emsigen Lehrassistentin zu toppen! Das Finanzielle möchte ich jetzt an dieser Stelle nicht zu detailliert erwähnen, es sei nur so viel gesagt: auch trotz zahlreicher Reisen war mein Kontostand noch nie so erfreulich und in dieser Form findet man solche Verträge wohl höchstens im mittleren Osten.
  • Die chinesische Kultur! Historisch gesehen natürlich eine der ausgeprägtesten, ist China kulturell gesehen durch und durch unglaublich interessant. Die verschiedenen lokalen Küchen brauche ich, hoffe ich, gar nicht anzusprechen aber auch die vielen anderen kulturellen Aspekte die sich gehalten haben, machen China einfach sehr spannend. Ob es jetzt die Tanz- und Qigong Gruppen spätabends sind oder die Musikanten auf der Straße. Es ist immer was los und es gibt immer was zu sehen. Von Haus aus neugierige Personen werden an den verschiedenen Facetten der chinesischen Kultur Wunder und Überraschung finden.

Was ich an China nicht vermissen werde:

  • Die chinesische Kultur! Oder vielleicht besser gesagt „Unkultur“. Das ständige Hinrotzen, die schreckliche Verkehrssituation in Beijing inklusive der (unter anderem) dadurch oft schlechten Luft und vor allem die Nähe zur kommunistischen Regierung werden mir bestimmt nicht abgehen. Gerade Letzteres war für mich spätestens nach meinem persönlichen Abenteuer mit der chinesischen Justiz ein Dorn im Auge. Aber nicht nur, dass man als Helfender belangt werden kann, sondern auch die immerwährende Überwachung oder Konzepte wie das berüchtigte ‚Social Credit System‘, das de facto schon seit Jahren im Hintergrund läuft, gehen eigentlich völlig gegen meine Prinzipien.
  • Ein weiterer Aspekt dieser (Un)Kultur ist natürlich die Sprache. Als ich in den letzten Wochen auf meinen Reisen erwähnt habe, dass ich für zwei Jahre in China gelebt habe, wurde ich immer wieder gefragt ob ich denn nun Mandarin sprechen könne. Mit eingezogenem Kopf musste ich immer wieder eingestehen, dass es sich auf „Survival Chinesisch“ beschränke. Natürlich geht das einerseits auf mein Konto, da ich zum Beispiel sehr wohl regelmäßigen Chinesisch Unterricht beziehen hätte können. Andererseits muss auch erwähnt werden, dass Chinesisch tatsächlich keine der Sprachen ist, die man einfach so nebenher lernen kann. Natürlich ist auch die Sprachbarriere in China ungemein höher als in vielen anderen Ländern und ich bin sehr dankbar, dass ich zumindest in Notfällen Unterstützung von Kollegen oder Freunden beziehen konnte. (Special shoutout an Kasia, die mittlerweile hervorragend Chinesisch spricht und mir oft aus der Patsche geholfen hat!)

Und dann wäre da noch eine App namens „WeChat“. Hier war ich zunächst am überlegen, ob ich WeChat nicht vielleicht doch ein wenig vermisse. Andererseits muss ich zugeben, dass ich WeChat nach wie vor nutze, um beispielswiese mit Freunden in China in Kontakt zu bleiben, ist es wohl fast ein wenig scheinheilig so zu tun als ob dieses Lieblingsspielzeug aller Chinesen ausschließlich ein Werk des Teufels . Schließlich läuft ja alles über WeChat. Schulden bezahlen, Essen bestellen, mit Freunden verabreden, Tickets für’s Kino, im Restaurant bezahlen, Mobike aktivieren, Guthaben für’s Handy aufladen und und und. Ist doch praktisch, oder? Praktisch vielleicht aber andererseits macht man sich natürlich mit jeder Nutzung zum durchsichtigen Handy-Sklaven der chinesischen Regierung, die selbstverständlich an dem fortwährend größer werdenden Daten-Kuchen mitnascht. Wer das nicht will, hat in China leider verloren. Ganz nach dem Motto: Host koa WeChat, bist koa Mensch!

Welche Erkenntnisse nehme ich aus den zwei Jahren in China mit?

  • Die Knowledge. Zwar mittlerweile ein Meme bei Freunden und zugegebenermaßen verwende ich den Begriff mittlerweile wohl zu inflationär, haben tu ich sie immer noch. Nicht nur das, sondern ich habe sie über die letzten Monate versucht ständig auszubauen und bin stolz behaupten zu können, dass ich in den letzten zwei Jahren als Mensch gewachsen bin. Auch wenn ich immer noch den inneren Schweinehund in mir trage und unter anderem meinen Blog vernachlässigt habe, nicht wirklich zu Meditieren begonnen habe und auch noch immer kein, aus Stein gemeißelter Adonis bin, denke ich dennoch mich zum positiven weiterentwickelt zu haben. Vieles davon dürfte mit dem sogenannten ‚Growth Mindset‘ zu tun haben, dass auch an der BSB immer wieder in diversen Workshops und Fortbildungen Erwähnung fand. Es ist das Mindset, dass Fehler, Rückschläge und Downswings zum Leben dazu gehören. Wichtig ist, daraus zu lernen und seinen Weg weiter zu gehen.
  • Diese Downswings bringen mich zum nächsten Punkt. Gerade die Geschichte mit dem Fahrrad hat mir gezeigt, dass man mit den richtigen Menschen an seiner Seite und vor allem der richtigen (positiven) Einstellung, vor Nichts und Niemandem zu fürchten braucht. Was bringt es denn, ständig vor gewissen Dingen Angst oder Sorgen zu haben bzw. schlecht gelaunt durch den Tag zu gehen? Außer, dass man andere damit ansteckt, genau gar nichts. Negative Gedanken bringen einen einfach nicht weiter. Ich könnte mich nicht daran erinnern, wann ich mir das letzte Mal gedacht habe „Oje, aber was ist wenn…“ (Außer in der Liebe, da bin ich nach wie vor ein Scheißerl und mach mir viel zu viele Gedanken…). Das Leben ist voll von „Was wäre wenn’s“ und jeder Mensch sollte versuchen zu lernen, mit ihnen auf eine gesunde Art und Weise umzugehen.
  • Viele unendlich wertvolle Freundschaften! Wie bereits erwähnt, durfte ich auch in Beijing unzählige Bekanntschaften mit tollen Menschen machen, von welchen ich in allen Fällen gewisse Dinge lernen konnte. Das ist für mich vielleicht DAS wertvollste an solchen Abenteuern und auch der Grund wieso es für mich in der mittelfristigen Zukunft so weiter gehen wird. Ich kann wirklich jedem nur wärmstens empfehlen sich mal aus der eigenen Komfortzone zu begeben. Egal ob jung oder alt, berufstätig oder Student, Familie oder nicht. Ich glaube es sind die neuen Erfahrungen die uns mental auf Zack halten und die uns die Möglichkeit geben als Person zu wachsen. (/Gurumodus off)

Eines steht auf jeden Fall fest: Die zwei Jahre in Peking waren eine einzigartige Erfahrung, mit all ihren Berg- und Talfahrten, die ich keinenfalls missen möchte! Riesiges Danke an dieser Stelle noch einmal an alle die mir das Ganze ermöglicht haben (jetzt kommt die Oskar-Rede)! Special Shoutout an Kasia, ohne die China nicht einmal auf meiner Liste gewesen wäre und vor allem auch an Silke und Joe, die mir in Kollaboration den Job an der BSB verschafft haben. Natürlich an meine lieben Eltern, die zu jeder Zeit da waren, wenn ich ihre Hilfe gebraucht habe und natürlich auch an all jene die in schwierigen Seiten tat- oder gedankenkräftig unterstützt haben!

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So und für diejenigen unter euch, die tatsächlich noch lesen: Was habe ich seit Ende Juni so getrieben? Einige werden vielleicht meine Posts über Australien gesehen haben. Dort war ich für knapp drei Wochen und hab mir den Kontinent im Schnelldurchlauf gegeben. Von Perth, über Melbourne und Cairns nach Sydney. Zahlreiche ‚reunions‘ und einen weiteren Kindheitstraum in Form des Great Barrier Reefs später, war es dann Zeit für den vierten Kontinent in diesem Kalenderjahr: Nordamerika. Genauer gesagt ging es (nach zwei knackigen Zwischenstopps in Hawaii und in Long Beach, CA) für zwei Wochen nach West Virginia, mountain Momma! Dort fand nämlich die 24. Ausgabe des World Scout Jamborees statt – ihres Zeichens das größte friedvolle Zusammenkommen Jugendlicher weltweit. Geschätzt 45.000 Menschen aus 150+ Ländern kamen im Summit Bechtel Reserve zusammen „to unlock a new world“ (So der offizielle Slogan des Events). Was es davon so alles zu Berichten gibt, lest ihr hoffentlich ganz, ganz bald!

Bis dahin, Bussis auf die Bäuche und Zaijien!

Chinese Nightmare before Christmas (DE)

********* Find the English version of the Blog HERE *************

Wir befinden uns gerade irgendwo zwischen den Weihnachtsfeiertagen und dem Ende des gregorianischen Kalenderjahres. Keiner weiß so recht, welcher Tag gerade ist. Nur die Wiedereröffnung der Geschäfte lässt erahnen, dass zumindest die erste Völlerei der Feiertage vorbei ist und die Menschen sich langsam wieder in Bewegung setzen. Die vermeintlich besinnlichste Zeit des Jahres wird oft zur gestresstesten aber ich will euch jetzt die Gefühlsduselei, ob und warum der eigentliche Grund des Weihnachtsfestes in vielen Kreisen schon längst nicht mehr im Vordergrund steht, in diesem Blog ersparen.

Den treuen Lesern (und wie ich überraschenderweise immer wieder höre, gibt’s da doch vereinzelt welche) bin ich nämlich selbst noch eine Geschichte ausständig. Auch wenn einige sie in den letzten Tagen schon mündlich von mir überliefert bekommen haben (diejenigen Glücklichen sind auch herzlich eingeladen direkt zum zweiten Teil zu skippen), gibt es vielleicht doch den ein oder die andere die noch nicht gehört haben, wie ich mich zu Weihnachten um fast 40.000€ aus China freikaufen musste. (Übrigens vermutlich mein meistgesagter Satz der vergangenen Woche!)

Ein bisschen angeteasert hab ich sie ja schon aber gleich vorweg als Disclaimer: da es sich ja um eine Weihnachtsgeschichte handelt, geht es am Anfang eher ein wenig ungeheuerlich zu, allerdings wird es tatsächlich ein Happy End geben. Vielleicht den ein oder anderen Plottwist und, so wahr ich Philosophbear heiße, auch das ein oder andere Häufchen Knowledge.

Aber ich will ganz von vorne anfangen, bei dieser wilden Fahrt, die diese letzten vier Monate im Endeffekt waren. Wer schon im letzten Jahr mitgelesen hat, erinnert sich vielleicht noch an meinen (zumindest geglaubt) milden Fahrradunfall im Vorjahr. Lange habe ich nichts von dem Herren, der bei dem Unfall zu Sturz gekommen war, gehört. Ich dachte, die Sache wäre vielleicht bereits Schnee von gestern. Aber wer schon einmal einen Winter in Beijing überstehen durfte, weiß, dass es ob der Trockenheit im Winter nur verdammt selten schneit. Als ich also im vergangenen, deutlich feuchteren August – also fast ein ganzes Jahr nach dem Unfall (für die Blitzgneißer unter euch) – wieder in Beijing gelandet war, um mein zweites Jahr an der BSB zu starten, erwartete mich schon die erste Hiobsbotschaft in Form einer e-Mail jener Kollegin, die  mir damals beim Unfall zur Seite stand. Es sei ein Brief vom “Chaoyang District People’s Court” bezüglich des Unfalles auf dem Weg zur Schule, Inhalt nicht weiter bekannt. Also abwarten und chinesischen Jasmintee trinken (weil ich sitz ja Gott sei Dank an der Quelle).

Fast forward, gut eineinhalb Monate später, wir schreiben Ende September: Anruf bei besagter Kollegin vom Gericht. Da ich mich geweigert hätte, den Brief in Empfang zu nehmen und auch keine Anrufe beantwortet hätte, habe ich in einer Woche vor Gericht zu erscheinen um den Gerichtsbrief vorgelesen zu bekommen. Na Bumm. Da mir der Brief nie persönlich zugestellt wurde und, wie sich später herausstellte, in meiner Telefonnummer eine 1 fälschlicherweise als eine 7 notiert wurde, hätte ich Brief und Anrufe nur schwer ablehnen können. Aber was soll’s. Dem chinesischen Zivilgericht bietet man nicht die Stirn und eine Woche später tuckerte ich daher brav, natürlich mit einer Kollegin als Übersetzerin im Schlepptau (Shoutout an die zauberhafte Wenqiao!) zum Zivilgericht. Von einer überaus säuerlich und genervt wirkenden Gerichtshelferin wird mir vor einem leeren Saal der Brief vorgelesen und meiner lieben Kollegin Wenqiao übersetzt. Laut Klageschrift sei der chinesische Herr bei dem Radunfall im Vorjahr so schwer an der Wirbelsäule verletzt worden, dass er sich 2 Tage nach dem Unfall ohne Gefühl in den Extremitäten ins Krankenhaus bringen lassen und sich in weiterer Folge einer Operation an der Wirbelsäule unterziehen lassen musste. Da mir schon im Vorjahr die Schuld beim Unfall zugesagt wurde (vermutlich auch zurecht, so ehrlich muss man sein), solle ich für die bisherigen Behandlungskosten und im gegebenen Fall für weitere Kosten aufkommen.

Da darf man dann schon mal Schlucken, aber es kommt noch besser: Bis der Prozess vorbei ist bzw. Von meiner Seite eine Kaution von umgerechnet 8000€ bezahlt wird, darf ich das Land China offiziell nicht verlassen. Genau, lasst das mal kurz wirken. Ausreisesperre, in China festsitzen und vom armen Unfallopfer  sauber über’s Ohr gezogen werden. Ein Schelm ist, wer böses denkt aber ungefähr alle Personen, denen ich die Story bis hierher erzählt habe, haben Wörter wie “Scam”, “Betrug”, “Geld melken” usw. Verwendet. Solche Stories kennt man vielleicht höchstens aus der Zeitung oder dem wörld weid Web, aber man geht eigentlich nicht unbedingt davon aus, dass einen dasselbe Schicksal irgendwann ereilen könnte. Besonders praktisch ist es, wenn man so eine Ausreisesperre eine Woche vor dem monatelang geplanten Urlaub nach Indonesien bekommt. Nicht, als ob das bei mir der Fall gewesen wäre… oder so.

Nach kurzem, verzweifelten Disput mit der säuerlichen, eiskalten Gerichtshelferin blieb mir also nichts anderes übrig, als das ganze so zur Kenntnis zu nehmen. Urlaub stornieren, Anwältin engagieren und weiter geht die lustige Fahrt. Laut dieser hätte ich den Urlaub vielleicht sogar antreten können, wenn ich einfach versucht hätte, den Flug zu erwischen aber so groß waren meine Eier dann auch wieder nicht.

Die darauffolgenden Wochen habe ich damit verbracht, a) auszuloten wie viel Kohle dieser Knecht nun wirklich von mir bekommen wird, b) mir zu überlegen wie ich diese Kohle aufbringen werde und vor allem c) wie ich wieder dieses lächerliche Ausreiseverbot bis Dezember los werden kann.

Ad b) lässt sich gleich vorweg sagen, dass ich das unverschämte Glück habe, die besten und weisesten Eltern der Welt zu haben, die klug genug waren, mich Monate davor bei einer Haftpflichtversicherung mitzuversichern. Shoutout an dieser Stelle auch an die Allianz, die in diesem Fall wirklich sehr kulant, hilfsbereit und empathisch gearbeitet und agiert hat! Die Geldbeschaffung war also glücklicherweise relativ schnell vorübergehend keine große Sorge mehr (mit Betonung auf vorübergehend).

Ad a) Wie viel Geld der feine Herr aus dem Reich der Mitte bekommen soll, war lange unklar. Anfangs war mein Verständnis, dass er die 8.000€ bekommen würde und sich aber zusätzlich auch noch auf permanente Invalidität überprüfen lassen würde. In diesem Fall wären natürlich noch deutlich mehr und höhere Kompensationen fällig geworden. Daher müsse ein gerichtliches Gutachten erstellt werden, um den Verletzungsgrad und den Zusammenhang mit dem Unfall bzw. die permanente Invalidität zu überprüfen.

Dieses Gutachten war auch der Grund, warum  c) sich nicht ganz so einfach gestaltete, wie vielleicht anfangs erhofft. Nach Absprache mit Versicherung und Anwältin, hatten wir nämlich besprochen, die 8000€ Kaution beim Gericht zu hinterlegen um zu garantieren, dass ich über die Weihnachtsferien nach Österreich ausreisen darf. Aber weil das ja zu einfach wäre und weil ich schon immer ein guter Hürdenspringer war, beschloss das Zivilgericht die Kaution von umgerechnet 8000€ auf läppische 38.000€ hinauf zu schrauben. Die Begründung: ob des laufenden gerichtlichen Gutachtens und der drohenden weiteren Zahlungen seien die 8000€ als Kaution nicht mehr ausreichend. So, noch einmal tief runterschlucken. Ich muss gestehen, bei dieser Nachricht hat es auch in mir zum ersten Mal so richtig gebrodelt. Meine arme Anwältin musste sich in weiterer Folge als Botin meinen emotionalen Vulkanausbruch anhören aber gut, auch das musste so zur Kenntnis genommen werden. Verhandelt werden kann hier nicht viel, am längeren Ast sitzt nun mal einfach der “Rechts”staat.

Mittlerweile schreiben wir bereits Mitte November und auch dieser Betrag sollte von der Versicherung gestemmt werden und wurde mir auch relativ prompt auf mein chinesisches Konto überweisen, so dass ich es dann ans Gericht weiter vermitteln konnte. Der einzige Haken dabei: die weniger kooperative Bank of China, ihreszeichens die viertgrößte Bank Chinas, bei der ich mein chinesisches Konto habe, hat sich nämlich als ein einziger großer Strich durch die Rechnung herauskristallisiert. Scheinbar werden (zugegebenermaßen sinnvollerweise) alle Beträge über 5000€ standardmäßig auf Geldwäscheverdacht überprüft. Nur leider bedeutet das in der Praxis, dass die Überweisung meiner Versicherung gute 4 Wochen irgendwo bei der Bank of China hing und somit nicht weiterüberwiesen werden konnte. Danke. Für. Nichts.

Zu diesem Zeitpunkt war dann schon ein weniger Feuer am Dach. Der geplante Zeitpunkt des Heimfluges rückte immer näher und näher. Aber was wäre ein Plan ohne ein B oder C. Als “Retter” in der Not darf ich hier noch den österreichischen Konsul in der Botschaft in Beijing ins Spiel bringen. Die werten Diplomaten “haben zwar auch keinen diplomatischen Zauberstab” um bei solchen Fällen irgendwie eingreifen zu können waren bis zu diesem Zeitpunkt diplomatisch ausgedrückt “relativ unbrauchbar”. Aber in letzter Minute wurde mir dann immerhin doch als Notlösung die Einrichtung eines Depots beim Außenministerium vorgeschlagen. Damit wäre es mir dann möglich, das Geld in Bar bei der österreichischen Botschaft in Beijing abzuholen. Ein paar Telefonate und e-Mails und eine Depoteinrichtung später und TAAADAAAAAA hatte ich zwei Wochen vor geplanter Abreise plötzlich 3 dicke, fette Stöße 100-Renminbi Scheine im Gesamtwert von 300.000 RMB in der Hand. Zwar nicht direkt vom Konsul übergeben (der musste nämlich gerade auf der chinesischen Mauer wandern. An einem Dienstag.) aber immerhin. Auf die, von meinen Eltern vorgeschlagenen Bodyguards hab ich zwar verzichtet aber mit meinem eigenen Fahrer (Shoutout an meine zauberhafte Kollegin und Ersatz-Mami in China, Silke) und der Anwältin im Schlepptau ging es dann schnurstracks zur Bank und nachdem das Geld eine gefühlte halbe Stunde lang gezählt wurde konnte die Überweisung ans Gericht endlich erfolgen.

Es folgten noch ein paar weitere Tage des kollektiven Familien-Zitterns ob der verloren Sohn auch tatsächlich ausreisen darf aber: AM ENDE WURDE ALLES GUT! Volle zwei Tage vor dem geplanten Flug hatte ich dann die Bestätigung, dass ich frei bin auszureisen. Friede, Freude, Schokolebkuchen. Die Weihnachtsgeschichte war perfekt!

(PS: In der Zwischenzeit hat sich übrigens herausgestellt, dass der gute Herr zwar keine beleibende Invalidität davontragen wird, aber dennoch umgerechnet ca. 12000€ Schadensersatz erhalten wird. Kann man so lassen.)

********** So und spätestens hier dürfen die faulen Leser, die die Story aber schon x-male gehört haben, wieder einsteigen! ***************

Was bleibt einem im Endeffekt von so einer semi-lustigen Erfahrung mit dem Justizsystem in einem fremden Land, in dem man sich kaum verständigen kann? Glasklar: in erster Linie Gesprächsstoff für diverse Familien- und Weihnachtsfeiern oder einem Kapitel in der Autobiografie. Aber das ist nur das alleroberste Spitzchen des Moral-Eisberges. Ein paar weitere Schlüsse und Lehren konnte ich daraus ziehen und wer noch ein wenig Zeit und Geduld hat, ist herzlich eingeladen sich die nächsten Zeilen noch mitzunehmen. Achtung, es folgt der Knowledge-Drop!

Ein berühmter Koch, der sich vor kurzem das Leben genommen hat, hat mal gesagt, das Leben ist wie ein Vergnügungspark. Man hat selbst in der Hand welche Achterbahnen man fährt aber bei den spannendsten Rollercoastern geht es nunmal bergauf und bergab und wenn’s gut geht im Looping. (Manches davon hab vielleicht auch ich gerade gesagt, wie auch immer. You get the point!)

Auch ein wenig anknüpfend an meinen letzten Post, geht es wohl darum, sich selbst so einzuloten, dass einem auch Talfahrten, Hoppalas, Malheure, unvorhergesehene Schwierigkeiten und Hürden nichts anhaben können und sich selbst klarzumachen, dass es auch wieder bergauf gehen wird. Das einen solche Hoppalas und Malheure, Hürden und Schwierigkeiten stärker werden lassen können, solange man nur aus ihnen lernt. Mir ist klar, dass diese Story jetzt nicht zu den allerschlimmsten Dingen zählt, die einem passieren können, aber für mich persönlich war es doch eine der tieferen Talfahrten bisher.

Allerdings möchte ich behaupten, dass ich während dem Gerichtsverfahren in den letzten Monaten trotzdem immer versucht habe Positivität auszustrahlen. Man hat schließlich immer noch einen Job in dem man professionell agieren muss, man hat trotzdem private Verpflichtungen denen man nachkommen muss. Das alles klappt meiner Meinung nach nur, wenn man sich von Hürden und Steinen im Weg nicht runterziehen lässt. Natürlich ist das oft  leichter gesagt als getan, aber es braucht denke ich nur zwei Dinge (Danke Gusl für die Weisheit)! Zum Ersten ist es die richtige Einstellung, das richtige Mindset um aus solchen Schlamasseln wieder rauszukommen, um wieder die Bergfahrt anzutreten. Und auch wenn ich es gar nicht fassen kann, so etwas zu schreiben, kommt dann auch ein wenig Glaube dazu. Das muss jetzt gar nicht unbedingt als Glaube an einen Gott oder eine höhere Macht sein, sondern einfach der Glaube daran, dass es alles gut wird und sich auch die noch so beschissenste Lage wieder zum guten wenden kann.

Zum anderen sind es die Leute mit denen man sich umgibt! Und an dieser Stelle muss ich mal ein MEGA-Shoutout aussprechen an die zwei Personen, die überhaupt Schuld an meiner Wenigkeit sind. Ich wünsche jedem Menschen da draußen eine so positive, unterstützende, rückhaltende, geduldige und strapazierfähige Familie wie ich sie habe! Ohne den Rückhalt und die Unterstützung meiner Eltern hätte ich es sicher nicht geschafft, mich so leicht aus dieser Schlinge zu ziehen. Ihr seid die echten MVPs dieser Story! Ohne euch würde ich möglicherweise auf meiner Couch in China versumpern! Danke, dass es euch gibt! Aber nicht nur von den Eltern und der übrigen (Groß)Familie habe ich positiven Rückhalt bekommen. Ich hab außerdem das Glück, dass ich auch innerhalb des Kollegiums an der BSB von durchwegs positiven Menschen umgeben bin, auf die man sich auch immer verlassen kann, wenn man Hilfe braucht! Shoutout an euch, BSB Staff! Shoutout auch an alle Leute die sich nach mir erkundigt haben und mir positive Worte oder Vibes zugeschickt haben. Auch wenn es kitschig klingen mag, ich bin fest davon überzeugt, dass ihr alle mitgeholfen habt!

Ich konnte also im Endeffekt zurück ins schöne Graz kehren und viele Leute haben mich in den letzten Tagen gefragt, ob ich jetzt überhaupt zurück nach China gehe. Die simple Antwort ist ja, da ich noch das Schuljahr zu Ende führen werde. Aber auch abgesehen davon, wäre die Antwort wohl ja und so verrückt es auch klingen mag: so ganz sicher bin ich mir noch nicht, ob ich China nicht noch eine zweite Chance geben werde und wie es nach dem Sommer weitergehen wird. Denn eine Weisheit wurde mir im Zuge der letzten Monate noch mitgegeben (Danke dem Fadderen): Es ist immer die Summe aller wilden Fahrten, die den Besuch im Vergnügungspark ausmachen und auch chinesische Achterbahnen haben durchaus ihren Reiz.

Aber bis zu dieser Entscheidung genieße ich jetzt noch jeden Moment in der Heimat. Im Endeffekt ist nämlich doch die Weihnachtszeit die besinnlichste und schönste Zeit im Jahr. Vor allem wenn man sie dann nach so einer langen Geschichte doch in der Heimat mit Familie und Freunden verbringen kann. Wenn überhaupt, ist es eine positive Art von Stress, den man verspürt, wenn man noch jeden vor den Feiertagen treffen möchte. Wenn man vor lauter Familientreffen und den damit zusammenhängenden Festschmausen nur mir in der Gegend rumkugeln kann. Wenn man die weihnachtliche Fressliste des Todes unbedingt abarbeiten muss, bevor es wieder in die Ferne geht. Daheim ist es halt doch am schönsten!

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In diesem Sinne hoffe ich, dass ihr alle gut durch die Feiertage kugelt und eigentlich bleibt mir nichts mehr übrig als diesen letzten Blogpost im zweitausendachtzehnten Jahr des gregorianischen Kalenders abzuschließen. Für mich war es ein ereignisreiches, oft schönes, aber nicht immer einfaches und trotzdem sehr lehrreiches Jahr das ich auf keinen Fall missen möchte. Ich bin sehr gespannt was das neue Jahr bringen wird. Mit all seinen Vorsätzen, seinen Höhen und Tiefen. Euch allen, die es bis hier her geschafft haben, wünsche ich alles Positive für die neueste Attraktion im Vergnügungspark: “2019 – die Fahrt”! Mit all seinen Berg- und Talfahrten, Beschleunigungen und Loopings.

Macht’s es gut und noch ein letzte Bussi auf’s Bauchi 2018,

euer friendly Neighborhood Bear.

Mo-Broes, Heroes und DEN MUND AUFMACHEN!

******For the english version click HERE!*******

“Der November hat begonnen und das bedeutet, dass es langsam aber sicher kälter wird in Peking.”

Streichen! Der Dezember hat begonnen und es ist bereits arschkalt in Peking. Eigentlich wollte ich diesen Blogpost ja über etwas völlig anderes und schon vor einiger Zeit verfassen (Schwöre!). Aber aus verschiedenen Gründen, unter anderem wegen des Themas, wird sich dieser Blogpost noch verzögern. Denn die ominöse “Fahrradklage” (manche von euch werden vielleicht wissen, worauf ich anspiele. #freedomupdateservice Alle anderen werden sich wohl oder übel noch ein paar woche gedulden müssen, bis ich in den Weihnachtsferien mehr Zeit zum schreiben habe) zieht sich nach wie vor dahin, aber ich verspreche euch, bald davon zu erzählen. Es sei nur so viel gesagt: Ich kann nun vollkommen nachvollziehen warum in diversen viralen Videos Chinesen angefahren werden und der Fahrer schnell den Retourgang einlegt, um dem Opfer noch einmal drüber zu fahren. Du weißt Brudah… sicher ist sicher!

Wie auch immer, November ist also vorbei! Oder besser gesagt… MOvember? Ihr habt alle bereits davon gehört und ja, es gibt immer noch vereinzelte Douchebags da draußen die sich über den 11. Monat des Jahres hinweg einen prächtigen (oder in manchen Fällen weniger prächtigen) Moustacchio stehen lassen. (Übrigens plädiere ich für die Namensänderung des Eustacchio Parks!) Für jene unter euch, die es tatsächlich geschafft haben, sich dem Movember völlig zu entziehen: es handelt sich hierbei nicht nur um eine auffallend hohe Anzahl an Hipstern die auf einmal das Haus verlassen, sobald die Blätter von den Bäumen fallen. Es gibt eine logische Erklärung für dieses Pheromonomen (auf Englisch klappt das Wortspiel besser). Die Movember Foundation begann vor über 15 Jahren Geld für die Prostata-Krebsforschung zu sammeln indem sie sich im November lächerlich edle Schnurrbärte stehen ließen. Laut der Website der Bewegung zählt die Movember Foundation mittlerweile zu den Top 50 der non-government gesponserten Einrichtungen und sie unterstützen nicht nur die Prostata- sondern auch die Hodenkrebsforschung, die seelische Gesundheit und Suizidprävention bei Männern. Nachdem ich mich im letzten Jahr ein wenig auf eine spirituelle und mentale Reise begeben habe, finde ich vor allem die letzten zwei Punkte sehr ansprechend und erwähnenswert. Daher dachte ich mir, es wäre doch eine tolle Idee, diesen Blogpost EUCH zu widmen! Euch bärtigen Göttern, euch Brüdern von anderen Lüdern (funktioniert schon wieder besser im Englischen..), mo-bros from other mo-hoes, euch MÄNNERN! (Aber Ladies, nicht verzagen und nicht aufhören zu lesen, denn das Folgende betrifft euch genau so sehr also bleibt’s da! #where mysistersfromothermisters)

Ein männlicher Homo Sapiens zu sein, bringt in unserer heutigen Welt gewisse Erwartungen mit sich. Je nachdem wo und wie man aufwächst, wird unter anderem erwartet, dass man ein toller Typ ist, dass man ein guter Zuhörer ist, dass man sich gewählt ausdrückt, dass man einen Sinn im Leben findet, dass man alle anderen rund um einen selbst unterstützt, dass man einen Partner findet, dass man ein guter Partner ist, dass man eine Familie gründet, dass man erfolgreich ist, dass man ein fixes Einkommen vorweisen kann, dass man ein Lehrer ist, dass man ein Lerner ist, dass man ein gutes Vorbild ist, dass man ein guter Vater ist, dass man stark ist, dass man ein Krieger ist, ein Held ist, seine Wissen, seine Stärke, seinen Besitz und seine Liebe teilt! Ich könnte noch länger so weiter schreiben aber boy, oh boy! Eine ordentliche Liste (see what I did there?)

Einerseits gibt es viele Männer, die versuchen diesen Erwartungen gerecht zu werden. Sie versuchen irgendwie die Lasten, die unsere Gesellschaft ihnen auferlegt, auf ihren Schultern zu tragen. Viele Männer kommen mit diesem Druck ganz gut klar, wie es ist ein Mann zu sein. Viele Männer blühen auf in der Rolle des sogenannten “Alphatieres”. Es sind jene Männer die man auf Social Media sieht, jene Männer die über unsere Zeitungen und Nachrichten bestimmen, jene Männer die über das Geld in unseren Taschen bestimmen, jene Männer die über unsere Bildschirme herrschen. Wir schauen zu ihnen auf, wir wünschen uns, so zu sein wie sie, wir streben danach so ein “Alphatier” zu sein. Andererseits gibt es einige Männer die unter diesen Lasten einbrechen. Sie versuchen all das zu sein, was unsere Gesellschaft ihnen vorgibt. Sie versuchen, die oben genannten Eigenschaften Punkt für Punkt abzuhaken. Wie Level in einem Videospiel  bis sie irgendwann bei einem Level anstehen und immer wieder den falschen Schritt setzen, oder sich zur falschen Zeit ducken und Leben für Leben verlieren, bis sie Game Over sind. Klinische Depressionen, Angstzustände, Persönlichkeitsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen und so viele andere sind häufige psychische Erkrankungen unter denen viele Männer tagtäglich leiden.

In den meisten Ländern auf unserem wundervollen Planeten sind Suizide unter Männern 3-4 mal so häufig wie bei Frauen, weil eben so viele Männer unter den Lasten unserer Gesellschaft zerbrechen. Viele von ihnen versuchen sich unter Hilfe von verschiedensten Drogen wieder aufzubauen. Egal ob Alkohol, Nikotin, Cannabis, Heroin, Zucker, Glücksspiel oder das Spiel mit der Liebe. Es betrifft alle Männer, egal ob Alpha- oder Gammatier, egal ob erfolgreich, glücklich oder nicht. Robin Williams, Anthony Bourdain, Ernest Hemingway und Kurt Cobain sind nur einige der bekanntesten der endlosen Beispiele dafür, wie psychische Erkrankungen Schuld am direkten Suizid, oder zumindest an Verhaltensmustern, die zum verfrühten Tod führen, sind. 

Aber das Problem sind nicht die psychischen Erkrankungen an sich. Diese betreffen bekannterweise Mann, Frau und alles dazwischen. Das Problem ist, dass so viele Männer solche Erkrankungen haben, ABER NICHT IHREN MUND AUFREISSEN WOLLEN! Sie behalten ihre Probleme für sich, weil sie denken, es sei ein Zeichen von Schwäche, den Erwartungen unserer Gesellschaft nicht gerecht zu werden. Sie unterdrücken ihre Gefühle, weil es ja einfach ist weiter zu machen und so zu tun als ob nichts wäre. Sie ertränken ihre Sorgen heimlich und finden anderweitige, meist schädlichere Lösungen, bei denen sie nicht reden müssen.

Daher ersuche ich EUCH Männer (aber auch alle anderen) da draußen! Behält es nicht für euch! Macht den Mund auf, redet mit jemandem – egal ob Ehefrau oder Ehemann, Freund oder Freundin, Mama oder Papa, Geschwister, beste Freunde, Freunde oder einfach nur Barbier oder Automechaniker. Macht den verdammten Mund auf! Weil es ist wirklich scheißegal wie negativ die Spirale ist, in der ihr euch befindet. Egal, wie tief das Loch ist, in dem ihr euch befindet. Egal wie weit unten ihr seid und egal wie hart die Prüfungen auf dem Weg sind, den ihr zu gehen habt. Es gibt Leute dort draußen die euch wieder raushelfen können. Leute die euch auf helfen wollen und euch aufbauen können. Es gibt Leute da draußen, die euch gerne zuhören würden! Leute, die gerne mit euch sprechen und euch vielleicht irgendwie helfen können! Es gibt Leute da draußen, die euch liebend gerne einen Teil eurer Lasten abnehmen würden oder euch einfach nur den richtigen Weg ansagen können! Leute, die eurem Leben Sinn und Bedeutung verleihen können.

Geht raus und findet diese ganz besonderen Menschen. Jene, die euch und alle um euch herum unterstützen. Jene, die gute Partner sind und euch helfen eine Familie zu gründen. Jene Menschen, die glücklich sind und all ihre Ziele erreichen. Jene, die euch etwas beibringen können und gleichzeitig von euch lernen wollen. Jene Menschen, die gute Vorbilder sind, großartige Eltern sind, tolle Freunde sind. Jene, die ihr Wissen, ihre Stärke, ihren Besitz und ihre Liebe mit euch teilen wollen!  ….Ihr seht wo das hinführt. Ich hör mich schon an wie ein Prädiger aber ich meins Ernst: Macht den Mund auf und gebt diesen ganz besonderen Menschen die Chance genau so ein Mensch für euch zu sein!

Ganz ehrlich gesagt. Wegen diversen, unvorhersehbaren Ereignissen und Hindernissen habe ich in den letzten Monaten selbst begonnen ein wenig unter den Lasten einzubrechen. Allerdings habe ich das Glück, genau solche besonderen Menschen in meinem Leben zu haben. Jene Menschen, die mich unterstützen und die mir Lasten abnehmen. Daher muss ich meine Widmung wohl revidieren: Dieser Post ist EUCH gewidmet! Euch wunderbaren Partnern und Partnerinnen, Freunden und Freundinnen, Mamas und Papas, Geschwister und Barbiere und Automechaniker und alle die sonst zu diesen besonderen Menschen gehören! Macht weiter mit dem, was ihr tut! Hört weiter zu. sprecht miteinander, unterstützt einander und alle um euch herum. Seid weiterhin Helden und Krieger. Seid Lehrer und Lehrlinge. Teilt weiterhin euer Wissen, eure Stärke und am allerwichtigsten TEILT EURE LIEBE!

Wenn ihr es so weit geschafft habt dann ist euch mein salutier ich vor euch und dank euch. Ich glaube, es bleibt nichts mehr weiter zu diesem Hinfurz von Blogpost hinzuzufügen, außer ein weiteres Versprechen: ein weiterer, weniger sülziger Blogpost mit Spannung, Spaß und Schokolade kommt ganz bald! Bis dahin, positiv denken, spread the love and spread the knowledge!

Bussis auf’s Bauchi,

Euer friendly neighborhood bear.

PS: Falls euch danach ist die Männer dieser Welt und die Movember foundation zu unterstützen, schaut bei dieser Spendeseite vorbei, die mein Kollegen Brian gegründet hat:

https://moteam.co/bsb-mo-grow-to-know

Couches, Phönixe und unechte Dörfer

Obligatory: If you would like to read this in English press HERE

Natürlich hab ich mein Versprechen wieder einmal nicht gehalten, und keinen Blogpost über den Sommer verfasst. Aber da ihr ja alle die Knowledge habt, wird mich deswegen niemand verurteilen, oder? 😉 Da nun auch in Peking schon der Herbst Einzug gefunden hat, werde ich also, anstatt Reisegeschichten von vor Monaten aufzuwärmen, von kürzer zurückliegenden Abenteuern berichten.

Ich bin nun schon wieder 7 Woche zurück in China. Die meisten unter euch kennen ja den Grund, weshalb ich überhaupt hier bin: die wundervolle Frau an meiner Seite. Leider ist Kasia gerade noch in Polen, wo sie vergangenen Donnerstag ihren Master erfolgreich abgeschlossen hat! An dieser Stelle ein riesiges Shoutout an dich, meine Liebe! Du bist eine der engagiertesten, willenstärksten  und ehrgeizigsten Personen die ich kenne und es gibt wenige Menschen die verrückt genug sind aber auch die Kraft aufbringen können, während einem Masterstudium auch noch in einem völlig fremden Land einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren! DU kannst unglaublich stolz auf dich sein, weil du hast wirklich Tolles geleistet! Ich kanns kaum erwarten dich von vorne bis hinten zu verwöhnen wenn du endlich deinen Hintern wieder nach Peking bewegst!

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Nachdem ich es eigentlich abgrundtief hasse, alleine zu sein und auch einen schwer an FOMO erkrankt bin (für die Non-Millenials unter euch, das ist das Akronym für die “fear of missing out”), hab ich über die letzten Wochen versucht so gut wie möglich nicht allein zu sein und neue sowie alte Leute zu treffen um  nicht in eine Depression zu verfallen. Die neuen Leute waren in meinem Fall hauptsächlich Gäste die ich über die Plattform Couchsurfing (CS) bei mir zu Gast hatte. Für jene unter euch, die noch nie etwas von Couchsurfing gehört haben, vielleicht eine kurze Erklärung: Es handelt sich bei CS um eine Website, auf der man ein Profil erstellt und in weiterer Folge seine Couch (daher auch der Name) oder ein Gästebett Gästen, die eine Anfrage gestellt haben, zur Verfügung stellt. Wenn die Wohnsituation keine Gäste zulässt, kann wahlweise auch nur “gesurft” werden und man kann selbst auf Reisen bei Couchsurfern wohnen. All dies ist in diesem Fall gratis! Für manche ist die Vorstellung, einen Fremden bei sich unterzubringen, ihnen vielleicht sogar einen Schlüssel zur Wohnung zu geben und deine Küche und Toilette nutzen zu lassen eine ganz komische. Zugegeben, man muss wirklich großes Vertrauen in das Gute im Menschen haben und natürlich gibt es Couchsurfer die auch schon schlechte Erfahrungen damit gemacht haben. Persönlich muss ich allerdings sagen, dass jede meiner Erfahrungen auf Couchsurfing bis jetzt einen äußerst positives und einzigartiges Erlebnis war. Sowohl beim Surfen als auch beim Hosten. Jede einzelne Person die ich durch Couchsurfing getroffen habe, hatte etwas interessantes zu sagen und mich als Person geprägt. Viele Teilen ihre Philosophien, Reiseanekdoten oder Ansichten, oder ließen mich meine teilen (#spreadtheknowledge). Ich finde Couchsurfing ist eine großartige Möglichkeit, Leute mit toller Einstellung und ansteckender Abenteuerlust zu treffen. In den letzten Wochen hatte ich also Couchsurfer aus den USA, Kanada, Frankreich und Israel entweder zu Gast, habe sie zum Pubquiz mitgenommen oder ihnen  einfach ein bisschen die Stadt gezeigt. Als “Gegenleistung” wurde ich dafür eingeladen auf Besuch in Vancouver, Auckland oder Jerusalem zu kommen.

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Für die “alten” Leute hatte ich in den letzten Wochen zwei Wiedersehen mit guten Freunden. Das erste liegt nun schon ein paar Wochen zurück und führte mich ins schöne Qingdao. Ihres Zeichens eine nette Küstenstadt in der östlichen Shandong Provinz und ca. Eine 4,5-stündige Zugfahrt von Peking entfernt. Außerdem hat sie nicht zufällig den gleichen Namen wie eine der beliebtesten und größten Biermarken Chinas: Tsingdao. Dieser Brauerei wurden nämlich in eben dieser Stadt Anfang des 20. Jahrhunderts von Deutschen Einwanderern gegründet. Außerdem findet eben dort das jährlich das Qingdao International Beer Festival statt. Dieses Festival war indirekt auch der Grund, weshalb ich mich für ein Wochenende nach Qingdao begab. Der direkte Grunde war eine meiner guten Freundinnen und ehemaligen Studienkolleginnen in Graz, Selina. Zwei Österreicher die sich also nach über zwei Jahren wieder in China treffen! Die Welt ist ein Dorf. Selina war nicht zufällig in China sondern war den Großteil des Sommers in Qingdao und hat dort mehr als 30 Shows mit den sogenannten Phoenix Fire Dancers im Rahmen des Bierfestivals abgeliefert. Auf dem Weg nach Qingdao war ich mir nicht ganz sicher, was ich erwarten sollte doch ich wurde keinesfalls enttäuscht. Das Bierfestival selbst könnte man als billigen, sehr chinesischen Abklatsch des berühmt-berüchtigten Oktoberfests beschreiben. Nachdem beim Ankommen mein Taxifahrer bereits beinahe eine Gruppe sturzbetrunkener Chinesen überfahren hätte, wurde ich eine Minute nach dem Aussteigen von einem weiteren sturzbetrunkenen Chinesen von seinem Moped aus angehupt, kurz bevor er einfach im Stehen von seinem Roller stürzte. Aber das Festival besteht nicht nur aus abstürzenden, strunz besoffenen Chinesen. Tatsächlich gibt es eine lustige Mischung aus riesigen Bierzelten, kleineren (auch deutschen!) Brauereien, die ihre flüssigen Produkte anbieten und mehr Essensständen als irgendein anderes Festival, auf dem ich bis jetzt gewesen bin. Chinesen glauben wohl nicht an das Motto “eatin’ is cheatin’” (Shoutout an big daddy Steven O’Neill an dieser Stelle!)

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Natürlich gab es auch mehrere Bühnen, auf denen Performances aller Art zum Besten gegeben wurden. Unter anderem eben auch die tägliche, atemberaubende Show der Phoenix Fire Dancers. Da ich am letzten Wochenende zu Besuch war, hatte ich das Glück die allerletzte Show zu sehen. Wer sich im Entertainment Business ein wenig auskennt weiß, dass gerade die letzten Shows immer ein Spektakel darstellen, da sich die Protagonisten oft einfach eine Gaude machen. Man nehme also 120 Artisten aus der ganzen Welt, die brennende Keulen, Räder und was weiß ich auf der Bühne herum schwingen und werfen, ein herzzerreißendes Duo das mit einem helium Luftballon herumschwirrt, füge eine tolle Choreographie, geniale audiovisuelle Show unterstützt durch 6 live Drummer (interessanterweise auch alle aus Österreich!) hinzu und mische das Ganze mit Bier: et voilá, hat man eine wirklich unterhaltsame Show! Jetzt waren diese 120 Artisten natürlich schon seit 6 Wochen mehr oder weniger 24/7 auf einem Haufen und haben sich dementsprechend schon sehr gut gekannt, nichts desto trotz haben sie mich für dieses Wochenende sehr herzlich als “einen von ihnen” aufgenommen! Danke Seli, für das geile Wochenende!

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Die zweite “reunion” passierte am vergangenen Wochenende, als mich mein chilenischer homie Alejandro in Peking besuchte. Alejandro kenne ich aus meiner Zeit in den USA, als ich als native speaker an der St. John’s University tätig war. Über die Jahre hinweg sind wir in Kontakt geblieben und nachdem Alejandro zur Zeit in Kambodscha lebt, hat er die Chance ergriffen und besuchte mich für ein langes Wochenende in Peking. Nachdem ich unter der Woche arbeite musste sich Ale von Mittwoch bis Freitag tagsüber selbst beschäftigen doch am Samstag nahmen wir an einer der unzähligen Tagestouren teil, die auf WeChat zu finden sind. Da Ale natürlich das Kästchen mit der großen Mauer abhaken wollte, entschlossen wir uns nach Gubei Watertown zu fahren, welches praktischerweise direkt neben Simatai, einem besonders steilen Teil der chinesischen Mauer, liegt. Begleitet von zwei meiner neuen Kollegen, Julian und Katy, machten wir uns also mit dem Coachbus auf nach Gubei. Ohne Verkehr schafft man es in ca. 2 Stunden, doch da es in Peking eigentlich immer irgendwelche Staus gibt, benötigten wir rund drei.

Gubei selbst ist ein sehr interessantes “Dorf”. Wenn man es nicht weiß, würde einem wohl nie auffallen, dass diese künstliche Stadt erst vor ein paar Jahren erbaut wurde und ein Nachbau des Dorfes Wuzhen, weiter südlich nahe Shanghai gelegen, darstellt. Das Dörfchen ist bildhübsch und wirklich sehenswert allerdings kommt es einem manchmal ein wenig wie ein chinesisches Freilichtmuseum oder eine Art historischer Vergnügungspark vor. Es gibt zahlreiche Restaurants, Essensstände und kleine Geschäfte, in denen man von Musikinstrumenten, über Kleidung, Schmuck und Souvenirs alles bekommen kann. Um zur Simatai Mauer zu gelangen, muss man erst einmal das ganze Dörfchen entweder per pedes oder mit dem Boot durchqueren. Um auf die Mauer zu kommen, hat man dann zwei Optionen: entweder eine 7-minütige Gondelfahrt oder eine gute Stunde raufwandern. Ursprünglich wollten wir die sportliche Option wählen, doch da einige nicht das passende Schuhwerk dabei hatten und andere auch ein wenig vom Kater des Vorabends geplagt waren, entschieden wir uns für den Faulpelz-Weg und somit die Gondel. Leider waren größere Teile der Mauer an diesem Wochenende abgesperrt und so konnten wir uns eigentlich nur zwischen 3 Türmen hin und her bewegen. Nichts desto weniger wurden wir für unsere Faulheit mit einer atemberaubenden Sicht an einem wunderschönen, blau-klaren Traumtagerl belohnt (Die Luft ist in den letzten Wochen großteils generell sehr gut und fast täglich mit unter 40 AQI beinahe europäisch unterwegs).

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In Gubei gibt es eigentlich nicht sehr viel zu tun, außer zwischen den vermeintlich uralten Gebäuden herum zu schlendern, sich für Essen anzustellen oder darauf zu warten, dass die Sonne untergeht. Wenn es nämlich dunkel wird, verwandelt sich Gubei in eine komplett andere Stadt. Überall gehen Lichter oder Laternen an, das ganze Dorf wird sehr atmosphärisch und trägt daher auch den Spitznamen “town of stars”. Sogar die künstliche Kirche auf einem Hügel (in der ich übrigens mein seltsamstes Kirchenerlebnis ever zwischen essenden und am Handy spielenden Chinesen hatte) wird von LED beleuchteten Rehen umgeben, die man bei uns höchstens zu Weihnachten aufgestellt sieht. Da auch die Nacht sehr klar war, der Mond hell erstrahlte und die Stadt so schön beleuchtet war, entschlossen wir uns auch noch zu einer romantischen Bootsfahrt um den Tagesausflug ausklingen zu lassen. No homo.

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Bevor zurück zum Bus mussten, sahen wir noch einen Laternenshow, die aber natürlich China sei Dank nicht besonders traditionell war, sondern bei der ca. 100 Drohnen in Luft stiegen um verschiedenste Formationen im Himmel zu bilden. Ich hatte bereits in Qingdao so eine ähnliche, aber nochmal um ein Eitzerl spektakulärere Drohnenshow gesehen. Auf jeden Fall gab diese Showeinlage dem Dorf noch mehr das Feeling eines chinesisch-historischen Disneylands.

Nachdem ich Alejandro wieder nach Kambodscha entlassen musste, war ich in der letzten Woche wieder “all by myseeeeelf” und habe auch mein Couchsurfing Profil inzwischen auf “not accepting” gestellt. Eigentlich hätte ich nämlich vor zwei Tagen für meinen Golden Week Urlaub nach Indonesien auf die molukkschen Inseln fliegen sollen. Leider hat mir das chinesische Zivilgericht einen Strich durch die Rechnung gemacht, indem sie mir vorübergehendes Ausreiseverbot auferlegten. Aber das ist eine Geschichte für den nächsten Blog…. Alles was ich dazu sage ist: Wer erinnert sich an meinen Radunfall im vergangen Jahr?

Bis dahin, bleibt fresh und teilt die Knowledge!

Bussis aufs Bauchi,

Euer neighborhood bear.