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Liebe Leser, Freunde, Verwandte und alle anderen die sich irgendwie auf diesen Blog verirrt haben!
Es ist wieder so weit und ich habe eine Reise getan von der ich euch unbedingt berichten möchte. Vor ca. 4 Jahren haben wir (das sind Patrick und ich) herausgefunden, dass 2017 das 15. World Scout Moot in Island stattfinden wird. Manche von euch werden sich nun bestimmt fragen: Was zum Teufel ist ein World Scout Moot? Ganz simpel erklärt: Es handelt sich hierbei um ein internationales Pfadfinderlager für Rover- und Ranger-Scouts – also die 18 bis 26-jährigen. Anstatt Kinder zu betreuen wird man also selbst noch einmal zu einem Teilnehmer und dieses Erlebnis, noch ein letztes Mal als Aktive auf ein internationales Lager zu fahren, wollten wir uns nicht nehmen lassen und versprachen uns also bereits vor Jahren, dass wir gemeinsam auf dieses Lager fahren werden.
Fast forward: Juli, 2017. Ob der Abenteuerlustigkeit unserer geilen Pfadgruppe (Graz 5 represent) waren es im Endeffekt nicht nur Patrick und Ich sondern insgesamt gleich 11 5er, die die Reise nach Island antreten sollten.
Aus verschiedenen finanziellen und situationsbedingten Gründen, flog ich – wenig früher als die meisten anderen – bereits in der Nacht vom 21. auf den 22. Juli nach Keflavik, Island. Wie es der Zufall so wollte war auch unser lieber Börni und eine kleine, österreichische IST (das ist das International Service Team) Vorhut zur gleichen Zeit am Flughafen und wir beschlossen gleich uns auf ein ‚Packel‘ zu hauen. Nach langer Suche nach dem Gepäck (dazu noch mehr später) kamen wir schließlich um 3:50 Uhr Früh am Campingplatz an und nach einem Willkommensbierli ging es auch gleich ins Bett.
Die nächsten zwei Tage bestanden aus dem Erkunden der Hauptstadt Islands, Reykjavik. Einige Highlights: das Phallus-Museum, in dem es wirklich jedes Gemächt des Tierreiches und auch einiger Fantasiewesen (Wer hat schon mal einen Troll-Penis gesehen?) zu bestaunen gibt. Wenn wir gerade von Phalli sprechen, ein solches Symbol ist definitiv auch die Kirche Reykjaviks, die fast alle Gebäude in Reykjavik überragt.
Am 22. dann der erste Kontakt mit dem offiziellen Moot. Die Serviceteam-Leute konnten sich registrieren und wurden ab sofort eingeschult. Nachdem ich ja eigentlich als Teilnehmer dabei war konnte ich mir mit Hilfe eine geheime Identität erschleichen und als Ramon Maier die Vorzüge des IST-Daseins (Unterkunft, Verpflegung und Gratiseintritt in die hiesige Therme) genießen.
Am Montag, 24. war es dann endlich soweit! Das Moot begann wirklich, offiziell und mit Gänsehaut, wie es bei mir immer der Fall ist bei solchen Lagern. Mit einer etwas merkwürdigen, jedoch kurzweiligen Eröffnungsfeier (die Isländer sind in vielen Dingen einfach etwas eigenwillig), mit ein paar Ansprachen und 3 Akrobatikeinlagen wurde das Moot eingeläutet. Direkt im Anschluss ging es dann zu den sogenannten „Expedition Camps“. An 11 Orten, quer über Island verteilt, verbrachten die Teilnehmer die ersten 4 Tage ihres Lagers. Bereits zuvor hatten wir (das sind Christoph und Ich) erfahren, dass wir gemeinsam mit unserer Patrulle (in unserem Fall Collette und Cory aus Australien, Chris und Rebecca aus Großbritannien, Corinne aus Kolumbien undClarice aus Brasilien) und unserem Trupp (insgesamt 40 Leute) in den Hochländern Islands, genauer gesagt in Hólaskjól (zu Deutsch „Unterschlupf in den Hügeln) untergebracht wurden. Also ratzfatz alles im Bus verstaut und ab gings mit einer 5-stündigen Fahrt über Stock und Stein in die Berge. Nach kurzem Smalltalk im Bus dann gleich wir sind nun einmal die Generation Smartphone und wenn man diese Mal entfernt passieren erstaunliche Dinge. Leute sprechen miteinander, Leute philosophieren, spielen, tanzen, musizieren, lernen sich kennen, tauschen sich aus und werden in so kurzer Zeit richtig, richtig gute Freunde. So auch passiert im Trupp HOLA-2, liebevoll auch die „Floop-Family“ getauft. (Floop ist unserem Truppleader Haldór zu Folge jenes Geräusch, das Isländer und Innen machen, wenn es so richtig zur Sache geht). Ein paar Highlights unserer vier Tage in Holaskjol: Eine Flussüberquerung bei einer Wassertemperatur von ca. 4°C, Besteigung eines inaktiven Vulkanes, Schwimmen in natürlichen, heißen Schwefelquellen mitten in der isländischen Pampa, Flussüberquerungen mit einem Autobus inkl. Panne durch Steinverklemmung, Community Service bei dem wir Heu für die Reitwege auslegen durften (Heuschnupfen olé!), Spiel, Spaß und Musik jeglicher Art und im Großen und Ganzen einfach eine richtig geile Zeit!
Nachdem sowohl unsere Kleidung als auch wir vor Dreck nur so standen wurden wir vor dem gemeinsamen Standlager in Úlfjótsvatn noch zu Thermalbädern kutschiert wo wir uns HEIẞ (das wäre dann auch mein erstes großes ẞ!) duschen konnten um nicht als komplette Drecksspatzen bei der zweiten Eröffnungsfeier anzukommen.
Die letzten 4 Tage verbrachten wir dann, wie bereits oben erwähnt, am wunderschönen Úlfjótsvatn-See, südöstlich von Reykjavik. Das gemeinsame Lager wurde durch eine weitere Welcome Party eröffnet. Ansprachen und einer gewöhnungsbedürftigen DJane inklusive. Für mich sind solche Momente immer ganz besonders, weil sie einfach nur von Lebensfreude strotzden. Wenn man Menschen aus allen Ecken der Welt, aus den verschiedensten Familien- und Lebensverhältnissen trifft und man mit all diesen Menschen ohne Probleme eine Konversation starten könnte, ist man auf einem internationalen Pfadfinderlager. Singende, tanzende und lachende Menschen weit und breit. Einfach durch die Massen tanzen und mit fremden Leuten Selfies schießen. Sich an einer Conga anschließen und irgendwo zum Limbo tanzen stehen bleiben. Wasserbälle hier, aufblasbare Kängurus da und Fahnen überall. Gänsehaut pur!
Auch diese 4 Tage verbrachte unsere Floop-Family gemeinsam und wir konnten uns noch besser kennenlernen (Spiele wie „never have I ever“ helfen hierbei besonders gut) und gemeinsam das vielseitige Programm absolvieren. Insgesamt gab es am Moot 5 verschiedene „programvillages“, wobei sich jedes Dorf einem bestimmten Thema widmete. Dem Isländischen Wappen – dem Landvaettir – nachempfunden waren die Dörfer eingeteilt in Stier (Umweltaktivitäten), Adler (Geschichte und Kultur Islands), Riese (Spiel, Spaß und Action) und Drache (Musik und Kreativität) und im Yggdrasil-Dorf (das ist in der nordischen Kultur der Baum des Lebens) konnte man sich zu interreligiös weiterbilden und diskutieren. Ein großes Highlight war auch der Internationale Karnival, bei dem alle Länder verschiedenste lokale Spezialitäten zum Kosten ausgaben, ihre respektiven Trachten zur Schau stellten und generell noch mehr Interkulturalität gefördert wurde. Von argentinischem Yerba Mate, über jordanischem Kaffee bis hin zur rumänischen Pferdesalami konnte man sich her quer über den Globus kosten.
Die Abende standen ganz im Sinne der 5er-Kultur. Sprich Lagerfeuer und Gitarrenaction. Angeführt von Christoph und Momo, die es sich nicht nehmen ließen und Reisegitarren mitgebracht hatten, wurde eigentlich jeden Abend bis in die Morgenstunden musiziert. Das darunter Stimmbänder und Schlafpensum leiden ist es dann wert, wenn einem 4 Wochen später eine Nachricht von einer schwedischen Freundin geschickt wird, dass sie bei Red Hot Chilli Pepper’s Otherside immer an uns denken muss oder eine libanesische Freundin sich unseretwegen ein Kazoo besorgt hat. Hoch lebe das Singen. Laut, leidenschaftlich und in völlig falscher Tonlage! Wenn die Stimme einmal gar nicht wollte, bot das riesige Partyzelt der Holländer eine lustige Alternative. Jeden Abend brodelte und kochte es dort förmlich und man konnte in der Luft riechen wie sich Östrogen und Testosteron vermischen.
Viel zu schnell war es dann auch schon wieder vorbei, das 15. World Scout Moot. Ich bin unglaublich froh ein letztes Mal mit den Pfadfindern als Teilnehmer so ein Lager erlebt haben zu dürfen. Das Lagermotto „Change“ ist definitv eingetroffen und ich denke, dass ich nicht alleine bin wenn ich sage, dass mich dieses Erlebnis positiv verändert hat und mir wieder einmal gezeigt hat, dass unsere Welt nicht nur aus machthungrigen Politikern, fanatischen Extremisten und Arschlöchern aller Art besteht. Es gibt so viele junge, positive Menschen die unsere Welt in die richtige lenken wollen und das auch tun werden. Über Toleranz, Offenheit und positives Denken kann soviel erreicht werden und diesen Eindruck konnte ich bei diesem Lager wieder einmal gewinnen und bin sehr froh weitere internationale Freundschaften geschlossen zu haben!
Beendet wurde das ganze durch eine offizielle Abschiedsfeier. Und eine inoffizielle, für die das australische Kontigent tief in die Tasche gegriffen haben muss. Die ließen es sich nämlich nicht nehmen und mieteten gleich die gesamte Harpa, das neugebaute Opernhaus im Hafen von Reykjavik. Mit speziellem VIP-Armband vom australischen Kontigent und gesalzenen, isländischen Getränkepreisen wurde das Lager gebührlich begossen und beendet. Für manch einen ging es direkt zurück nach Hause, für andere stand noch eine Aftertour am Programm. Viele Nicht-Europäer wollten natürlich noch mehr von Europa sehen und begaben sich zu den verschiedensten Destinationen. Wir 5er (insgesamt 9 an der Zahl + 2 Freundinnen und 1 Markus) hatten noch eine 10-12 tägige Rundreise in Island geplant.
So holten wir (das sind in diesem Fall Annika, Resi, Benjo und Ich) gleich am nächsten Tag unser Mietauto und machten uns zunächst mal auf den Weg nach Sandgerdi, wo wir noch auf Markus warteten, der mit Momo, Johnny und Michi gemeinsam die Reise bestreiten sollte. Nach einer der kältesten Nächte in Island ging es dann am nächsten Tag auf um den Golden Circle zu erkunden – einer der berühmtesten und touristischsten Regionen Islands, da sie sowohl Geysire, Wasserfälle als auch Gletscher beinhaltet. Wie wahre Touristen klapperten wir die bekanntesten Orte ab und machten uns dann auf den Weg auf die Halbinsel Snaefellsnes in das schöne Örtchen Ólafsvik. Auf dem Weg blieben wir noch bei einer Höhle stehen, die sich mitten im Nirgendwo versteckte aber dafür wirklich beeindruckend war. Auf Snaefellsnes wurden wir von einem unglaublichen Sonnenuntergang begrüßt, der für gefühlte 3 Stunden anhielt, bis die Sonne wirklich weg war.
In den nächsten Tagen erkundeten wir die Halbinsel und all ihre sehenswerten Highlights. Dazu zählten unter anderem der Snaefellsjoekull. Eigentlich wollten wir den namensgebenden Gletscher soweit als möglich befahren und dann besteigen, allerdings waren die Straßenverhältnisse so unter aller Sau, dass es mit unserem Renault Megane unmöglich war bis hinauf zu fahren. Wir mussten uns also mit dem Löwenfelsen aus König der Löwen zufrieden geben. Weitere Highlights waren die Robben bei Ytri-Tunga, der schwarze Strand von Djúpalón, das nette Dörfchen Hellnar mit einer supercoolen Vogelbucht und natürlich die Wasserfälle Kirkjufoss und Bjarnarfoss.
Bevor wir uns aufmachten zu den Westfjorden, unserem Hauptziel der Rundreise, wollten wir von Olafsvik aus noch eine Whalewatching Tour starten. Leider waren wir glücklos und konnten an diesem Tag nur einen einzigen Zwergwal beobachten der sich für gute 10 Sekunden zeigte. Danke für nichts. Immerhin bekamen wir kulanterweise einen lebenslang gültigen Gutschein für Waltouren von Lakitours die Original aus Olafsvik und dem noch entlegenren Holmavik angeboten werden. Jetzt muss ich es nur noch einmal nach Island schaffen.
Für die nächsten Tage ging es dann weiter in die Westfjord-Region Islands. Eine wunderschöne, aber nicht leicht zu befahrende Region in der man die Fjorde einzeln abfahren muss und daher teilweise lange Zeit auf den Straßen verbringt. In diese Region schaffen es nur rund 10% aller Touristen und es ist daher noch unberührter als viele Regionen im Süden. Die unberührte Natur machen Island überhaupt zu dem was es ist. Ein unglaublich schönes Land mit den verschiedensten landschaftlichen Begebenheiten und Terrains. Ich kann es wirklich nur jedem herzlich empfehlen, den Flug in den hohen Norden zu wagen. Es zahlt sich auf jeden Fall aus.
Zu den Highlights auf den Westfjorden zählten unter anderem der unglaublich beeindruckende Dynjandifoss mit einer Höhe von 100m und einer Breite von 60m im unteren Teil, das älteste Stahlschiff Islands, die Vogelklippe bei Latrabjarg die auch den westlichsten Punkt Europas bildet, das Hexereimuseum in Drangsnes und…..
der Brautarholdthof in Selárdalur. Diese verdient noch eine besondere Erwähnung weil es einfach so kurios war. Zunächst erreicht man Selárdalur nur über eine 26km lange „Straße“ , die teilweise direkt am Meer verläuft und die von Schlaglöchern nur so gespickt ist. Bei starkem Regen besonders lustig zu befahren, immerhin sieht man die Schlaglöcher dann leichter. Der Brautarholdthof wurde von einem Mann namens Samuel Jonsson bewohnt, der dort als Eremit wohnte seine Pension verbrachte und sich als Künstler versuchte. Er erbaute dort verschiedene Skulpturen, unter anderem eine Nachbildung der sixtinischen Kapelle, eine Nachbildung des Löwenbrunnens in der Alhambra und eine kleine Kapelle in der er einen „Altar“ erbaute. Der Brunnen hat nur 6 anstatt eigentlich 12 Löwen, da Jonsson nur die 6 Löwen auf dem Bild sah. Das Jonsson nie eine künstlerische Ausbildung genossen hat, fällt eigentlich kaum auf.
Die letzte Nacht unserer Rundfahrt war besonders lustig, da es Mitte August schon wirklich frisch und direkt neben der Küste sehr windig war. Gott sei Dank gab es einen „Aufenthaltsraum“ der gleichzeitig auch der Raum für Duschen und Toiletten war. Danke für nichts, Herr Campingplatzbesitzer…
Für mich persönlich ging es dann am Freitag, dem 11. August zurück nach Warschau, Polen und nach einem kurzen Zwischenstopp zum Erholen (und fortgehen in den Warschauer shot bars, ihr könnt euch vorstellen wie das geklappt hat..) am darauffolgenden Sonntag direkt weiter nach Peking, China um direkt vom Flughafen am Montagmorgen in die Schule zu fahren und meine neue Stelle als Grundschullehrer an der deutschen Grundschule der British School of Beijing anzutreten. Hier befinde ich mich nun schon seit über einem Monat und hatte bis jetzt so viel zu tun, das ich erst jetzt Zeit hatte irgendwas in Richtung Blog zu schreiben (abgesehen von dem Blog für die Eltern, aber das ist eine andere Geschichte) . Wie das Leben hier in China ist, verrate ich euch im nächsten Blog der hoffentlich schon nächste Woche folgen wird. So viel sei verraten: Zwischen Island und China sind mindestens drei Welten.
Ich lass bald von mir hören, versprochen! Bis dahin Bussis aufs Bauchi und gönnt euch! Peace Out, euer friendly neighborhood bear
Eine Antwort auf „Wasserfälle, Phalii und Floop“