The adventures, travels and insights of Jakob, your friendly neighborhood bear.
Die meisten Menschen, die ich kenne, folgen einem bestimmten Motto in ihrem Leben. Manche Menschen, die sich ihrer spirituellen Seite ein wenig mehr hingeben, nennen so etwas manchmal auch Mantra. Mehrere dieser Mottos und Mantras zusammen ergeben oft eine Ideologie oder eine Philosophie und wenn man noch eine Prise übernatürlicher Macht hinzufügt, erhält man eine Religion. Die genauen Definitionen dieser Begriffe sind für mich aber weniger interessant, als die Essenz in ihnen, die sie eint: Es geht darum, an etwas Bestimmtes bis zu einem bestimmten Grad zu glauben um das Leben ein wenig zu erleichtern.
“No risk, no fun!”, “No pain, no gain!”,”Jedem das seine!”, “Carpe Diem!”, “Hakuna Matata!”, “Don`t worry, be happy!”, “YOLO!”, oder eines meiner Lieblingsmottos “Just the bare necessities!”, also einfach das Notwendigste. Es gibt unzählige Motivations- und Lebenskünstler, Autoren, selbst ernannte Gurus, spirituelle Führer oder einflussreiche Personen da draußen, die ihre verschiedenen Mottos und Ideologien verbreiten und predigen. Einige von ihnen helfen ihren Mitmenschen dadurch tatsächlich dabei, durch die Implementierung diverser Leitgedanken in ihr eigenes Leben, dieses dadurch besser auf die Reihe zu bekommen.
Nobody’s perfect, aber besser als vorher
Versteht mich bitte nicht falsch. Weder behaupte ich eine derartige einflussreiche Person zu sein, noch bin ich selbst überdurchschnittlich begabt darin, meinen eigenen Leitsätzen penibel genau zu folgen. Schließlich gilt “Nobody’s perfect” und selbstverständlich passiert es mir Tag für Tag mich nicht an die “Bare necessities” zu halten und ich stopfe mich stattdessen mit Schokolade voll oder prokrastiniere stundenlang auf diversen sozialen Medien. Manchmal vergesse ich auch, dass “Wie man in den Wald ruft, es auch so zurückschallt” und behandle Menschen, die ich normalerweise lieben sollte, wie Dreck. Vereinzelt schaffe ich es nicht, “die Welt besser zu verlassen als ich sie vorgefunden habe” und hinterlasse Chaos dort, wo ich gerade bin.
Selbst wenn es mir nicht gelingt, diese Leitgedanken perfekt umzusetzen, bin ich immer noch eine bessere Version jenes Jakobs der keine dieser Maximen auch nur irgendwie versucht umzusetzen. Viel eher bemühe ich mich darum, jeden Tag eine bessere Version von mir selbst zu sein als am Tag davor und wenn ich das einmal nicht schaffe, ist auch das vollkommen in Ordnung. Wenigstens habe ich es versucht.
Dinge ändern sich
Natürlich verändern sich solche Mottos und Mantras auch im Laufe der Zeit. Was vor zehn Jahren noch bedeutsam erschien, spielt in meiner heutigen Realität keine Rolle mehr. Die Welt verändert sich und wir genauso. Jeden verdammten Tag. Und das ist ebenso mehr als in Ordnung, ja vielleicht sogar notwendig. Leitsätze kommen mit den Jahren und gehen auch wieder.
“Bare necessities” erscheint mir heute relevanter als “Probier’s mal mit Gemütlichkeit” (falls irgendjemand weiß, warum ausgerechnet diese Übersetzung gewählt wurde, ab in die comments oder PM oder so). Sogar mein spiritueller Glaube, der mir schon in jungen Jahren in Form von ”der liebe Gott hat es so gewollt”, ganz polemisch gesagt ‚indoktriniert‘ wurde, wurde von philosophischeren Fragen wie “Warum sind wir hier und welche Rolle spiele ich dabei?” abgelöst. Ihr versteht, was ich meine. Dinge ändern sich.
Atmen und Meditation
Der letzte Zugang in meinem persönlichen Mantren-Kabinett ist die einfache Phrase „Remember to breathe!”. In ihrer Simplizität so genial, mächtig und potenziell lebensverändernd. Genau darum möchte ich diesen Blogpost diesem neuen Motto widmen. Wie ich darauf kam, wie mir die letzten Monate dabei geholfen haben, diesen einfachen Satz und seine Genialität besser zu verstehen und warum ich denke, dass er gerade in Zeiten wie diesen eine sehr hohe Bedeutsamkeit hat.
Wie einige von euch vielleicht wissen, habe ich vor nicht allzu langer Zeit mit der regelmäßigen Meditation begonnen. Gegen Ende des letzten Jahres noch recht spärlich, habe ich das Kalenderjahr 2020 mit der sogenannten “21 days of Abundance” Meditations-‚Challenge‘ von Deepak Chopra begonnen (shoutout an meinen boy Jürliv aka DJesus dafür). Ich habe es in Folge wirklich geschafft eine Gewohnheit daraus zu machen und habe seitdem beinahe täglich zumindest 15 Minuten gefunden, um der geistigen und körperlichen Ruhe zu widmen. Denn das, soweit ich es bis jetzt verstanden habe, ist Meditation ganz kurz und knapp zusammengefasst.
Bewusstsein, Achtsamkeit und Gedanken
Erfahrene Meditierende würden vermutlich noch eine Vielzahl an anderen Aspekten hinzufügen. Für einen Anfänger wie mich bedeutet es im Grunde, einen beträchtlichen Teil seiner Zeit damit zu verbringen, achtsam zu sein. Mitzudenken, sich bewusst sein, wo man minütlich mit seinen Gedanken hinwandert um dann aktiv zu verhindern, sich nicht von seinen eigenen Gedanken leiten zu lassen und vor allem auf seine Atmung zu achten. All das hört sich relativ einfach an, aber ich durfte schon oft selbst erfahren, dass diese Angewohnheiten deutlich schwerer umzusetzen sind, als sie sich anhören. Sich seiner eigenen Gedanken bewusst sein und sich wirklich auf ebendiese zu fokussieren ohne sich von ihnen leiten zu lassen und abzudriften ist etwas, dass ich bis jetzt unglaublich herausfordernd gefunden habe.
Wenn manche von euch vielleicht selbst regelmäßig meditieren, wisst ihr höchstwahrscheinlich, wovon ich spreche (wenn wer Tipps oder Tricks hat, immer her damit). ‘Richtig’ zu meditieren (falls es das in diesem Zusammenhang überhaupt gibt), benötigt sehr viel Übung, sehr viel Geduld und einen Haufen Disziplin. Mir persönlich hat die Meditation bisher dabei geholfen, mich in jeglichen Momenten einfach wohler zu fühlen.
Ich schweife mit meinen Gedanken seltener ab und mir geht es eigentlich in den meisten Situationen subjektiv recht gut, selbst wenn diese objektiv vielleicht unangenehm erscheinen mögen. Ich bin mir selbst eher im Klaren darüber, was wirklich wichtig im Leben ist und was mir die Gesellschaft, unsere Kultur und ihre immanenten Ideologien nur vorgeben, wichtig zu sein. Und wenn ich manchmal den Überblick verliere und mich gedanklich verlaufe: Just remember to breathe!
Abenteuer? Lieben wir doch.
Manche von euch werden bestimmt auch mitbekommen haben, dass ich gerade von meinem neuesten Abenteuer in Indonesien zurückgekommen bin. Auch auf die Gefahr hin, dass manche vielleicht gerade das sprichwörtliche Salz in der Wunde spüren, möchte ich gerne ein paar Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem bereits zitierten Motto erzählen. Bereits im Dezember – als Covid-19 noch in den Laboren… ääääh ich meine den Wetmarkets Chinas schlummerte – haben Franzi und ich beschlossen anlässlich ihres erfolgreichen Studienabschlusses zu verreisen (und zugegebenermaßen weil: Abenteuer lieben wir doch).
Der Plan war es von Bali aus bis zum Nationalpark Komodo – seines Zeichens Heimat der letzten Drachen auf unserem Planeten – und der wunderschönen Insel Flores – ihres Zeichens ehemals Heimat von real-life Hobbits a.k.a. Homo Florensis – zu reisen. Es hätte ein großartiger, abenteuerlicher Backpack-Trip werden sollen. Inklusive Wandern, Schnorcheln und womöglich Tauchen – Letzteres etwas, dass wir beide noch nie zuvor gemacht hatten und das ein wenig Nervosität in uns auslöste (naja, zumindest in mir)…
Flucht vor dem Lockdown
Aber 1. kam es natürlich anders und 2. als man denkt. Ein riesige, kronenförmige Kackwurst war plötzlich weltweit am Dampfen und warf so ziemlich all unsere Pläne über den Haufen. Natürlich habe ich in Anbetracht der Situation auch kurz überlegt, unsere gesamte Reise abzublasen. Getrieben von (immer noch) jugendlichem Leichtsinn und einem ausgeprägten Fall von “Nofucksgivenitis” haben wir dann doch die Entscheidung getroffen, unseren Plan so gut als möglich durchzuziehen. Ganz nach dem ur-österreichischen Motto “Schau ma moi, dann seg ma eh!”.
Ganze fünf Tage bevor die Regierung diverse Kontaktbeschränkungen in Österreich verhängte, traten wir unseren Flug nach Denpasar an. Wenn sich jetzt jemand denkt: “Wie konntet ihr nur, ihr unverantwortlichen Beidln?”, habe ich dem eigentlich nichts zu entgegnen. Ich bin der Letzte, der einfach so das Dasein als potenzieller, sogenannter Super-Spreader auf die leichte Schulter nimmt. Noch dazu in einem Land, das ohnehin nicht mit einer besonders fortschrittlichen Krankenversorgung ausgestattet ist.
Was wir möchten oder nicht
Nichtsdestotrotz möget ihr mir bitte glauben, wenn ich sage, dass uns keine einzige Entscheidung, die wir in diesen sechs Wochen treffen mussten, leicht fiel. Jeden nächsten Schritt haben wir zuerst gedreht und gewendet wie einen Rubik’s Cube, um nicht einen Aspekt zu übersehen. Viele meiner Peers waren sehr überrascht und teilweise sehr kritisch, dass wir den Heimreise-Aufrufen der Außenministerien nicht gefolgt sind. Ganz ehrlich verstehe und schätze ich diese besorgteren Meinungen genauso wie jene, die mir viel Glück, Spaß und Gesundheit gewünscht haben. Dass nicht immer so schnell klar ist, was nun eine richtige oder falsche Entscheidung ist und ob es diese in gewissen Situationen überhaupt gibt, erkläre ich vielleicht im nächsten Blog ein wenig näher.
Aber wer möchte seine achtwöchige Reise schon um sieben Wochen verkürzen? Wer möchte für vier Wochen in einem 8m² Hostelzimmer gefangen sein? Wer möchte schon auf einer einsamen Insel ohne medizinische Versorgung stranden, während man sich die Lunge aus dem Leib hustet? Keines dieser Szenarien hörte sich sonderlich angenehm an. Die ersten paar Tage liefen dem entsprechend circa so ab: Jakob informiert sich Tag und Nacht über die Covid-19 Entwicklungen in Indonesien und nervt Franzi mit seinen Gewissensbissen, die sich langsam aber doch in Panik verwandelt, solange bis keiner mehr Bock hat, so weiterzureisen. Just remember to breathe!
Am Grab die Totenstille
Nach fünf Tagen hatte ich dann einen einschneidenden, nahezu erleuchtenden Tag. Wir hatten uns ein Moped von unserem Homestay in einer schönen Stadt namens Ubud gebucht und geplant, einen Roadtrip zu den nicht weit entfernten Tegallalang Reisterassen zu machen. Natürlich social distance-sicher. Der erste Halt war eine 900 Jahre alte Tempel- und Grabstätte namens Pura Kunung Gawi. Im Normalfall eine gut besuchte Touristenattraktion, mit zahlreichen Souvenirständen und vielen kleinen Warungs – das sind die indonesischen Familienrestaurants, die man überall findet.
Dieses Mal war natürlich alles anders. Covid-19 und die damit zusammenhängenden Reisebeschränkungen hatten sich bereits stark ausgewirkt: Außer einer alten Hippie-Schweizerin und einer jungen russischen Influencerin waren wir die einzigen Touristen. Als wir nach ein paar Stiegen unten bei den Gräbern ankamen, offenbarte sich uns allerdings eine idyllische, komplett andere Welt. Man konnte die Vögel zwitschern und den Fluss rauschen hören. Mein erster Gedanke bei diesem Anblick war: Hier, auf diesem Felsen neben dem Fluss will ich meditieren. Gesagt, getan und kurz später sitze ich bereits auf meinem neu-erworbenen Sarong, den uns die Ladies im ersten Souvenirstand aufgeschwätzt hatten. Beine überkreuzt und bereit für die himmlische Stille an diesem Ort.
Das Virus der Gedanken
Nicht dass es irgendjemanden interessieren würde, aber für die Geschichte wichtig ist, dass ich die App Headspace für meine Meditation nutze. Ich sitze also da, mein Handy auf dem Felsen liegend neben mir und natürlich nicht in der Lage an nichts zu denken. Viel zu viele Gedanken schwirrten mir im Kopf herum: Dass ein Virus in uns eigentlich keine Angst auslösen sollte, weil es ein völlig normales Vorkommnis in der Natur ist, dass Populationen durch Krankheiten sterben. Dass es eigentlich unser System, unsere Gesellschaft, unsere Kultur und unsere Medien sind, die dieses Spiel mit der Angst betreiben. Mir ist bewusst, dass Folgendes nicht zu den am weitesten verbreiteten Meinungen zählt, aber in diesem Moment kam mir der Gedanke, dass diese Pandemie vielleicht ein brutaler Hilfeschrei von Mutter Erde ist, die uns zeigen möchte, wer hier immer noch die Zügel in der Hand hat.
Wir sind in unserer Technologie, unserer Wissenschaft, unseren Innovationen bereits so weit fortgeschritten, dass Homo Sapiens in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Rolle der selbsternannten Halbgötter angenommen haben und damit über den Gesetzen der Natur stehen zu glauben. Ich möchte wirklich nicht zynisch klingen, aber ich glaube wirklich, dass wir gerade auf brutale Art und Weise den Spiegel der Realität vorgehalten bekommen: Auf Leben folgt immer der Tod. Und der befindet sich zu jeder Zeit hinter jeder Ecke. So funktioniert der viel erwähnte, ewige Kreis. Egal wie viel man meditiert, wie gesund man sich ernährt oder wie vorsichtig man seinen Alltag gestaltet, um sich ja nicht in eine gefährliche Position zu bringen. Mutter Natur kümmert das einen feuchten Pups.
Ein Wink des Schicksals
Ich saß da und dachte darüber nach, dass wir oftmals Sklaven unserer eigenen Technologien geworden sind. Dass der eigentliche Virus vielleicht doch die kleine Maschine mit dem schwarzen Bildschirm ist, die sich zu fast jeder Zeit in unserer Hosentasche befindet. Unsere Handys, die wir kaum noch weglegen und selbst in wunderschönen, atemberaubenden Orten immer noch in der Hand haben, um schnell ein Foto machen zu können oder unsere Meditations-App zu starten. Was genau in diesem Moment passiert ist, klingt eigentlich, als wäre es frei erfunden aber – I shit you not – genau bei diesem Gedanken wollte ich gerade meine gekreuzten Beine tauschen, als es plötzlich ein leises *plop* macht.
Ein paar Sekunden vergehen und meine Kopfhörer spielen nicht mehr mit. Ich öffne meine Augen und dann realisiere ich, was gerade passiert ist: Mein Handy ist in den Fluss neben mir gefallen. Ich rufe schnell hinüber zu Franzi, die am nächsten Felsen sitzt, um mir ein bisschen Ruhe zu verschaffen und sie kann es auch nicht glauben. Ein paar Sekunden später bin ich im Fluss, um mein Handy, das tatsächlich noch im Flussbett lag, wieder zu bergen. Erste Reaktion auf diese bizarre, filmreife Situation: Erstmal den Arsch ablachen. So eine Ironie des Schicksals malt einem wirklich nur das Leben selbst.
Endlich im Moment
Kein Handy mehr zu haben, mich nicht mehr über die Covid-Situation informieren zu können und mich damit nicht mehr auseinandersetzen zu müssen war eine wahre Erleichterung. Ab diesem Zeitpunkt war ich viel mehr im Moment und war viel besser in der Lage, die wahre Schönheit meiner Umgebung zu genießen. Nachdem wir uns noch ein Sackerl Reis beim nächsten Warung besorgt hatten, um einen Rettungsversuch fürs Mobiltelefon zu starten, ging es dann weiter zu den Reisterassen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass soeben Passiertes nicht die einzige Erkenntnis des Tages bleiben sollte. Just remember to breathe!
Nächster Halt waren also die Tegallalang Reisfelder, die normalerweise einen weiteren Touristen-Hotspot darstellen. Doch auch hier waren außer uns nur eine Handvoll Reisender unterwegs und wir hatten definitiv genug Platz, um uns sicher von anderen zu distanzieren. Während wir die Aussicht genossen und ein paar gratis Kaffee- und Tee Kostproben probieren durften, kamen wir mit unserem Barista ins Gespräch. Dewa – übrigens einer von nur ganz wenigen Vornamen auf Bali – war ein junger, gesprächiger und äußerst freundlicher Balinese.
Karma und Reinkarnation – Gespräche mit einem Barista
Nach ein wenig Smalltalk entwickelte sich das Gespräch erwartungsgemäß in Richtung Covid-19. Ich fragte Dewa, wie das Virus seiner Meinung nach Bali beeinflussen würde. Logischerweise, hat das Ausbleiben der Touristen-Massen fatale Auswirkungen auf die Dörfer und Kommunen in Bali, die vor allem mit Tourismus ihr Geld verdienen. Zu diesem Zeitpunkt durften Touristen zwar noch nach Indonesien einreisen, aber schon kurz später machte die indonesische Regierung die Grenzen für Einreisende dicht.
Nichtsdestotrotz hatte Dewa keine Angst. Bali ist eine sehr spirituelle Insel, oft auch ‚Insel der Götter‘ genannt. Viele Gebäude-Komplexe der Einheimischen sehen aus wie Mini-Versionen der Tempel und die meisten Balinesen bringen ihren zahlreichen Göttern mehrmals täglich kleinere Opfergaben dar. Dewa war davon überzeugt, dass Bali nicht von Covid-19 heimgesucht werden würde, da die meisten Einheimischen immer freundlich seien und daher äußerst gutes Karma hätten. Er erzählte uns, dass er nicht traurig wäre, wenn er oder seine Verwandten sterben würden. Denn sie hätten ja stets ein gutes und fröhliches Leben geführt und würden auch im nächsten Leben gut davonkommen.
Ich kann nicht bestätigen, dass mein Glaube in irgendetwas stark genug wäre, um Dewas Theorien zu bekräftigen aber eines kann ich definitiv bestätigen. Selbst in Zeiten wie diesen, in denen viele Gemeinden ihre Haupteinnahmequelle durch einen Virus, der uns vielleicht für Monate, wenn nicht Jahre beeinflussen wird, verloren haben, brachten uns die Einheimischen nichts als Herzlichkeit und Gastfreundschaft entgegen. Selbst in Zeiten der Krise: Just remember to breathe!
Worst-Case? Alles gut!
Ich kann nicht genau erklären, warum oder was speziell sich an diesem Tag verändert hat, aber auf jeden Fall waren meine Stimmung und meine Gedanken plötzlich völlig anders. Aus irgendeinem merkwürdigen Grund war ich viel zufriedener dort zu sein, wo ich gerade war. Ich war plötzlich nicht mehr so besorgt, was mit dem Virus in Indonesien passieren würde.
Es mag sich vielleicht seltsam anhören, aber selbst die Worst-Case Szenarien, dass Franzi und ich auf einer einsamen Insel wegen Trinkwasser-Mangel verdursten müssten oder alternativ, dass wir zu den unglücklichen 0,x Prozent unserer Altersgruppe zählen würden, die tatsächlich an Lungenversagen versterben würden, waren plötzlich okay. Wenn’s das gewesen sein soll, dann soll es das gewesen sein. Immerhin bei einer Tätigkeit die ich liebe, mit einer Person die ich liebe. Was könnte schöner sein?
Zum Geburtstag unter Wasser
Die nächsten Tage verbrachten wir noch in und um Ubud und danach in einem kleinen, ruhigen Städtchen namens Sanur. Dort waren wir eigentlich nur aus zwei Gründen: Um unser Visum bei der örtlichen Immigrationsbehörde um weitere 30 Tage zu verlängern und um meinen guten Freund Willis zu treffen. Willis kennen die treuen Leser unter euch vielleicht noch aus dem ein oder anderen China-Blogpost, major shoutout an dieser Stelle an dich, Bruder!
Gemeinsam mit Willis und Franzi machten wir uns auf den Weg nach Nusa Penida, einer deutlich überschaubareren Insel vor der südwestlichen Küste Balis. Zugegebenermaßen, die Fähre dorthin war alles andere als Corona-safe und jedes Mal, wenn sich jemand auch nur räusperte, musste ich innerlich cringen. Aber hey, auch das haben wir gesund überstanden. Willis war ein absoluter Schatz und organisierte für die nächsten vier Tage so ziemlich alles für uns.
Nachdem es zufälligerweise auch Franzis Geburtstags-Wochenende war, hatte er auch einen Tauchgang mit Sanctum Dive, mit denen er schon zuvor immer wieder Dive-Trips unternommen hatte, für uns organisiert. Aber nachdem erstes Mal tauchen noch nicht genug gewesen wäre, arrangierte Willis einen Trip zum sogenannten Manta Point für uns. Man kann vielleicht anhand des Namens erraten, warum dieser Ort besonders sein könnte. Bevor wir uns aber in den tiefen, gefährlichen Ozean stürzen durften, unterliefen wir noch einen kleinen Crash-Kurs im Pool. Was sind die wichtigsten Tauchzeichen, wie zeige ich ein Problem an, wie gehe ich mit meiner Ausrüstung richtig um und am allerwichtigsten: Don’t panic and just remember to breathe!
Atmen gegen die Nervosität
Am nächsten Morgen fühlte ich mich dann wie ein Kind am 24. Dezember. Wir räumten unsere Ausrüstung aufs Boot, wurden kurz über die Topografie des Tauchortes gebrieft und schon konnte es losgehen. Positive Anspannung ist vermutlich ein Understatement. Ich war hyped! Die 40-minütige Bootsfahrt zu unserem Tauchspot kam mir deutlich länger vor, da ich es nicht mehr erwarten konnte endlich ins Wasser zu springen. Und völlig aus dem Nichts war es auf einmal da.
In wunderschöner, schnörkeliger Mandala-Schrift: REMEMBER TO BREATHE! Tätowiert auf dem Unterarm eines finnischen Herren, der sich mit seiner Frau auch auf unserem Tauchgang befand. In diesem exakten Moment schloss ich meine Augen und wiederholte diesen Satz immer wieder, wie ein Mantra. Einige Minuten später war es dann endlich so weit. Als unser Tauchlehrer und Dive Master uns das Zeichen gab, unsere Ausrüstung anzulegen, dämmerte es mir. Ich war nicht nur gespannt und aufgeregt. Ich war so richtig nervös! Nervös, dass etwas passieren könnte, dass meine Ohren nicht mitspielen würden, dass ich keinen Druckausgleich hinbekommen würde. Aber dann erinnerte ich mich an das gleiche Mantra, das ich soeben gute 50 Mal vor mich hergesagt hatte: Remember to breathe and you’ll be fine.
WOAH MANTA!
Okay, Daumen hoch… äääähm ich meine Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis zusammen und let’s fucking do this (Daumen hoch heißt in Tauchsprache “wir gehen an die Oberfläche”)! Gewichte drauf, Sauerstoffflasche drauf, Maske an, Flossen an, Atemregler rein, Füße überkreuzt und ab die Post! Alles okay? Alles okay. Runter geht’s. Oh shit, es drückt gewaltig in den Ohren. Ich hab ein Problem. Einmal mit der Handfläche wacheln. Na gut, etwas langsamer. Druck ausgleichen, Luft rauslassen, wieder Druck ausgleichen. HOLY SHIT da schwimmen zwei 4-Meter lange Mantarochen direkt unter mir. Scheiße, GoPro hat nicht aufgenommen. GoPro einschalten. Wieder Druck ausgleichen. Holy fucking fuck, sechs Mantas, die direkt vor mir schwimmen! Remember to breathe!
In den ersten Minuten unter Wasser geht SO UNGLAUBLICH VIEL ein deinem Kopf vor und du musst an so viele Dinge gleichzeitig denken, dass nicht nur das ein sicherer Tauchgang, sondern zur selben Zeit auch Spaß dabei zu haben richtig herausfordernd wird. Wenn man sich aber erst einmal daran gewöhnt hat und ein wenig Zeit unter Wasser verbracht hat, wirkt es fast meditativ. Du atmest ein, du atmest aus und du genießt einfach den Moment 15 Meter unter der Wasseroberfläche Lebensformen zu beobachten, die dreimal so groß sind wie du. Es ist einfach unglaublich geil und ich verstehe absolut, warum viele Menschen eine Tauch-Sucht entwickeln. Wenn man dann mal seinen Open Water Kurs gemacht hat und ein paar weitere Tauchgänge absolviert hat, hört man auf ständig nachzudenken, was man alles beachten musst, um zu überleben. Man hört auf zu denken. Man ist einfach nur! Just remember to breathe!
Remember to breathe – in allen Lebenslagen
In den folgenden fünf Wochen sollte ich noch oft an diesen ersten Tauchgang und vor allem an dieses neue Mantra denken. Meiner Meinung nach ist dieses Motto das zutreffendste Motto überhaupt.
- Gestresst, weil man drei Kleinkinder allein zu Hause versorgen muss? Remember to breathe!
- Du hast eine garstige Mail von deiner Mitarbeiterin mit der ganzen Firma im CC bekommen? Remember to breathe!
- Du streitest dich mit deiner besseren Hälfte, weil ihr die letzten fünf Wochen miteinander im Lockdown wart? Remember to breathe!
- Jemand beschimpft dich beim Fortgehen vor deiner Squad? Remember to breathe!
- Dein Geschwisterchen geht dir so sehr auf die Eier, weil ihm oder ihr langweilig ist? Remember to breathe!
- Angstzustände wegen einer bevorstehenden Präsentation? Remember to breathe!
- Existenzkrise, weil du nicht das erreicht hast, womit alle anderen auf Social Media rumprollen und dein Leben wirkt im Vergleich absolut scheiße? Remember to fucking breathe!
Ihr versteht was ich meine. Mir ist völlig bewusst, dass all das viel leichter gesagt als getan ist und ich habe es weiter oben schon erwähnt. Keinesfalls möchte ich mich hier als irgendeinen Experten verkaufen, der immer ruhig ist und einfach atmet. Im Gegenteil. Ich schreibe diese Zeilen einfach nur, weil es sich richtig anfühlt. Mir ist es wichtig, diese Messages mit jemandem zu teilen. Wenn sich zumindest eine Leserin oder ein Leser von meinen Worten und Gedankenfürzen inspirieren lässt und sie eventuell ihr Leben dadurch verbessern können, dann habe ich schon erreicht, was ich erreichen wollte.
Bussis auf eure Bauchis, euer friendly neighborhood bear
PS: REMEMBER TO BREATHE!